Mit dem Wissen von heute würde sich Niclas Füllkrug wohl etwas mehr Zeit mit seiner Antwort lassen. Als der Stürmer im Januar 2022 aber nach einem passenden Namen für das Sturmduo gefragt wurde, das er mit Marvin Ducksch bildet, ging das recht flott. Wer sich das Video aus der damaligen Pressekonferenz ansieht, kann Füllkrug fast beim Grübeln zusehen. Einen Namen, der aus den Nachnamen der beiden gebildet würde, fände er nicht gut. Eher so etwas, das die beiden beschreibt, also zum Beispiel "Die hässlichen Vögel".
Sagte es, sorgte für Erheiterung und dachte wohl, die Sache wäre schnell wieder vergessen. War und ist sie aber nicht. Als Füllkrug und Ducksch an diesem Dienstag in Frankfurt gemeinsam aufs Podium des DFB-Campus traten, waren die Vorzeichen nur bedingt andere: Statt für Werder Bremen treten beide nun für die deutsche Nationalmannschaft an, die am Samstagabend in Berlin gegen die Türkei spielen wird. Der schräge Spitzname ist den beiden erhalten geblieben.
Selbst der DFB garnierte die Einladung zur PK mit zwei Vögel-Emojis
Selbst die Medienabteilung des DFB griff die Vorlage auf und garnierte die Einladung zur Pressekonferenz mit zwei Vogel-Emojis. "Hässliche Vögel werden international", scherzte Füllkrug zu Beginn – und schränkte ein, dass der Name nicht nur für Freude bei dem Sturmduo gesorgt hatte. "Das war damals sarkastisch gemeint und nie meine Intention, dass wir tatsächlich so genannt werden. Da habe ich mir schon eine kleine Reibe von Duckschi abgeholt." Heute könne man selbstredend darüber lachen – das ist aber auch kein Wunder angesichts des Höhenflugs, den die beiden Vögel seither gestartet haben. Schon in der Zweitligasaison mit Bremen waren die beiden das torgefährlichste Sturmduo. Auch in der vergangenen Bundesligasaison behielten beide ihre Treffsicherheit, sorgten bei Bremen für 28 Tore. Füllkrug wurde sogar Torschützenkönig, wechselte im Sommer für 13 Millionen Euro Ablöse zum BVB.
Nun kommt es in der Nationalmannschaft zur Wiedervereinigung der beiden – zur Freude der Angreifer, die auch privat bestens miteinander können. Über die Nominierung seines Ex-Sturmpartners habe er sich sehr gefreut, sagte Füllkrug: "Ich habe ein bisschen darauf gehofft." Ducksch bekam aus dem Verein ein Zeichen, sein Handy anzulassen – und glaubte dennoch zuerst an einen Scherzanruf, als Bundestrainer Julian Nagelsmann in der Leitung war. Glücklicherweise blieb Ducksch aber in der Leitung und ließ Nagelsmann ausreden.
Füllkrug lobt Ducksch: "Wir konnten eine extreme Verbindung aufbauen"
Ob die beiden auch zusammen in der Nationalmannschaft auf dem Platz stehen, ist zwar fraglich. Füllkrug betrieb aber bereits Werbung in gemeinsamer Sache: "Wir konnten eine extreme Verbindung auf dem Platz zueinander aufbauen – es ist eine, die ich noch mit keinem anderen Spieler in meiner Karriere hatte." Ducksch gibt sich bescheiden, spricht davon, es dem Bundestrainer so schwer wie möglich machen zu wollen, ihn draußen zu lassen. Nagelsmann hatte bereits direkt nach der Nominierung betont, dass das Spielverständnis der beiden eine Rolle in seinen Überlegungen spielt: "Marvin kennt Fülle sehr gut, auch das ist sicherlich eine Komponente, die uns helfen kann." Wobei die Torquote von Füllkrug sich auch ohne Ducksch durchaus sehen lassen kann: In bisher elf Länderspielen seit seinem Debüt vor einem Jahr kommt er auf neun Tore.
Die Geschichte der beiden Stürmer ist aber auch eine der Spätberufenen: Der 30-jährige Füllkrug wurde vor einem Jahr das erste Mal nominiert, auch Ducksch musste bis zum Alter von 29 Jahren auf eine Einladung der A-Nationalmannschaft warten. Was das nun aussagt? Erst mal, dass die Karriere der beiden nicht immer steil nach oben ging. Vor knapp zwei Jahren waren beide noch Zweitligastürmer. Zum anderen sei es aber auch ein Beleg dafür, dass Leistungen sich auszahlen – auch in der Nationalmannschaft. "Ich weiß, dass es jüngere Spieler als mich gibt, die ähnlich spielen wie ich. Aber ich habe in den letzten Jahren immer wieder an mir gearbeitet, an meinen Schwächen und Stärken." Das Alter sei kein Problem, im Gegenteil: "Mit 29 ist man im perfekten Fußballeralter." Das sieht – wenig überraschend – auch Füllkrug so, mehr noch: "Wir bekleiden eine Position, bei der man mit zunehmendem Alter immer besser wird." Als Mittelstürmer profitiere man mehr als auf anderen Positionen von seiner Erfahrung. Der unausgesprochene Teil des Satzes: Das wird umso besser, je mehr man mit einem Sturmpartner zusammenspielen darf, mit dem man sich blind versteht. Gut möglich, dass die hässlichen Vögel nun auch für die Nationalelf fliegen.