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Nationalmannschaft: Die Euphorie um Nagelsmann erleidet gegen die Türkei einen Dämpfer

Nationalmannschaft

Die Euphorie um Nagelsmann erleidet gegen die Türkei einen Dämpfer

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    Bundestrainer Julian Nagelsmann (M) musste seine erste Pleite als DFB-Coach einstecken.
    Bundestrainer Julian Nagelsmann (M) musste seine erste Pleite als DFB-Coach einstecken. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Etwa 20 Minuten lang sah alles wirklich gut aus: Die türkischen Fans pfiffen sich zwar die Seele aus dem Leib, aber das bis dato einzige Tor der Partie hatte ein Deutscher erzielt. Kai Havertz, von Bundestrainer Julian Nagelsmann als Linksverteidiger aufgeboten, hatte auf Vorlage von Leroy Sané nach nur fünf Minuten eingeschoben. Die Überraschung schien sich auszuzahlen: Deutschland hatte in der Folge das Spiel im Griff, spielte sich durch das Trio Julian Brandt, Florian Wirtz und Leroy Sané mehrere Chancen heraus. Nach Abpfiff sagte Nagelsmann zu dieser Phase: "Wir hätten hier die Weichen stellen können, das Spiel entscheiden können." Wohlgemerkt: hätten. Anstatt die zarte Euphorie, die nach der USA-Reise entstanden war, weiter zu verstärken, leistete sich die DFB-Auswahl bei der 2:3-Pleite auch unter dem neuen Coach alte Fehler.

    Die wohl größte Problematik betraf mal wieder die Defensive: Wie schon unter Flick genügten teilweise einfach nur hohe und lange Bälle, um die deutsche Abwehr vor Probleme zu stellen. Einer stammte von Abdülkerim Bardacki, wurde noch in der türkischen Hälfte geschlagen und fand Ferdi Kadioglu. Der wurde von Sané und Henrichs allein gelassen und wuchtete den Ball in die Maschen (38.). In dieser Phase hatte sich die vom Gegentreffer zunächst sichtlich geschockte Türkei bereits wieder ins Spiel gekämpft. Die Führung kurz vor der Halbzeit fiel nach demselben Muster. Hier war es Kaan Ayhan, der einen weiten Diagonalball schlug und damit die Koordinationsprobleme der deutschen Elf aufdeckte. Kenan Yildiz stand völlig frei im Strafraum vor Kevin Trapp und ließ dem deutschen Keeper keine Chance (45.+2).

    Nagelsmann will "nicht alles schwarzmalen" – Matthäus übt Kritik

    Dass Deutschland nach einem starken Solo von Wirtz auf Füllkrug noch ausglich (49.) und ein strittiger Handelfmeter, sinnigerweise von Kai Havertz verursacht, den 3:2-Endstand durch Yusuf Sari zur Folge hatte, waren die zählbaren Ereignisse des zweiten Durchgangs. Nagelsmann hat die Angriffsabteilung der Nationalmannschaft wiederbelebt – die Defensive bleibt das große Problem. In drei Spielen unter dem neuen Chefcoach gab es nun sechs Gegentore. Nagelsmann selbst gab sich nach Abpfiff trotzig: "Wir können jetzt wieder anfangen, alles schwarz zu sehen. Das können wir machen, da werden wir aber nicht weiterkommen als Fußball-Nation." Mehrere – Nagelsmann sprach gar von acht – "hundertprozentige Chancen" habe es gegeben.

    Die hätte man früher nutzen müssen: "Dann geht es anders aus." Verloren worden sei das Spiel in der ersten Halbzeit: "Von der 25. Minute bis zur Pause haben wir nicht mehr viel gemacht." Nach dem guten Start rückt Nagelsmann in die Kritik. Etwa in die von RTL-Experte Lothar Matthäus. Der sah die Testspiel-Pleite als "Rückschlag, jedes Ergebnis zählt. Dieses Spiel ist ernüchternd gewesen, weil die Türkei das Spiel nicht mit Glück gewonnen hat, sondern verdient."

    DFB-Präsident Bernd Neuendorf und DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich schauten sich das Spiel in Berlin an.
    DFB-Präsident Bernd Neuendorf und DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich schauten sich das Spiel in Berlin an. Foto: Federico Gambarini, dpa

    DFB-Präsident Neuendorf gibt das EM-Finale als Ziel aus

    Bis zur EM im kommenden Jahr muss Nagelsmann seine Abwehr sattelfest machen. Sein Vorgesetzter, DFB-Präsident Bernd Neuendorf, glaubt daran. Doch nicht nur das: Neuendorf gibt ein selbstbewusstes Ziel aus: Das EM-Finale soll es dann schon sein. "Wir spielen ein Turnier im eigenen Land", sagte der DFB-Chef beim TV-Sender Bild. Der Anspruch müsse es sein, im Endspiel dabei zu sein. Das Vertrauen in Nagelsmann sei "wirklich groß". Die Niederlage gegen die Türkei will er nicht überbewerten: "Wir gefallen uns oft darin, in eine toxische Situation zu kommen, alles schlechtzureden, und das war es nicht."

    Immerhin: Das zuletzt gesunkene Interesse an der Nationalmannschaft scheint durchaus wieder aufgeflammt zu sein. Dem Sender RTL hat das Spiel eine Top-Quote beschert. Durchschnittlich 7,39 Millionen Menschen sahen die Live-Übertragung, was laut Senderangaben in der zweiten Halbzeit einen Marktanteil von starken 30,9 Prozent entspricht. Damit die Nationalmannschaft wieder dauerhaft attraktiv bleibt, wären aber Siege wohl etwas zuträglicher.

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