Dass die Wahl auf Hansi Flick fiel, war genauso zwangsläufig wie auch die Logik brechend. Denn natürlich sollte ein Mann, der mit dem FC Bayern alle erdenklichen Titel gewinnt, zumindest in den Kreis der Kandidaten aufgenommen werden, wenn es um die Besetzung des Bundestrainer-Amts geht.
Auf der anderen Seite aber waren seine drei direkten Vorgänger stürmischen Geblüts, Flick nun aber nicht. Joachim Löw, Jürgen Klinsmann und auch Rudi Völler gingen auf dem Feld ihrer Passion als Angreifer nach, Flick räumte ab. Deutschland war mal ein Stürmer-Land. Auf dem Feld und an der Außenlinie.
Seit der ewige Miroslav Klose aus der Nationalmannschaft zurückgetreten ist, müssen sich die Trainer immerzu nach alternativen Antriebsformen für ein erfolgreiches Spiel umsehen. Von der Öffentlichkeit leidlich begleitet versuchte man sich nach Kloses Rücktritt an Sturmalternativen (Mario Gomez gefiel zumindest kurzzeitig), falschen und gar keinen Neunern. Der Deutschen Sehnsucht aber war immer eine Spitze, deren Job-Beschreibung einzig Tore zu schießen lautet. Einer, der in der Ahnengalerie auf Gerd Müller, Rudi Völler, Jürgen Klinsmann, ja sogar Oliver Bierhoff und Miroslav Klose folgen soll.
Niclas Füllkrug spitzt das Spiel auf natürliche Weise zu
Löw in seiner Spätphase und auch Flick verweigerten sich diesem Wunsch auch gar nicht. Möglicherweise hatten und haben sie einen ähnlichen. Bei einem Abgleich mit der Realität stellten sie aber immer wieder fest: Wunsch und Wirklichkeit – schwierige Sache. Nun aber scheint in der Person von Niclas Füllkrug endlich wieder einer gefunden, der das vorne auf selbstverständliche Weise zuspitzt.
Seine beiden Treffer gegen Peru beim 2:0-Sieg erzielte er in einer Weise, die im Sportjournalismus unter dem Wort "Mittelstürmer-Manier" firmiert. Beim ersten Tor reagierte er im Strafraum am schnellsten, als der Ball plötzlich blank vor ihm lag, Nummer zwei spitzelte er nach einer feinen Hereingabe des Neulings Marius Wolf vorbei am Torhüter. "Er hat die Treffer im Stile eines Torjägers, einer Neun gemacht", lobte denn auch Flick.
Flick wollte die Null, Flick bekam die Null
Sein Vorgänger Löw nickte anerkennend auf der Tribüne, als Füllkrug traf. Der als Gute-Laune-Conferencier eingestellte Völler applaudierte zwei Reihen weiter oben. Teil eins des Neustarts nach der misslungenen Weltmeisterschaft durfte als gelungen gelten. Schließlich ging es nach der allzu frühen Abreise aus Katar ja darum, dem Publikum eine Mannschaft zu präsentieren, die wieder positive Gefühle auslöst. Den 25.358 Zuschauerinnen und Zuschauern im ausverkauften Mainzer Stadion gefiel größtenteils, was die Mannschaft in dem an und für sich bedeutungslosen Spiel zeigte.
Zwar haperte es noch auffallend oft an den Übergängen zwischen Defensive und Offensive, das allerdings war zu erwarten gewesen bei dieser neu zusammengestellten Mannschaft. Immerhin aber verteidigte sie mit Leidenschaft und ermöglichte so Torwart Marc-André ter Stegen einen weitgehend beschäftigungslosen Abend. "Unser Ziel war es, dass die Null steht", sagte Flick nach dem Spiel. Ziel erfüllt. Bei der WM war das Team ja noch hauptsächlich daran gescheitert, dass es eben nicht gelang, die Null stehen zu lassen.
Füllkrug wiederum hatte schon in Katar mehr als nur angedeutet, dass er die Lösung bei der jahrelangen Suche nach einem echten Angreifer sein könnte. Gegen Peru nun machte er auf geradezu selbstverständliche Weise Mittelstürmer-Sachen. Richtig stehen, richtig bewegen, abschließen. Flick deutete nach der Partie gegen Peru an, dass er auch weiterhin auf diese Fähigkeiten des Bremers zurückgreifen will. Man wolle schon "das Grundgerüst beibehalten", so der Coach. Füllkrug also wird voraussichtlich auch am Dienstag gegen Belgien in Köln auflaufen. Das Stürmer-Land hat wieder einen echten Stürmer.