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Nachruf auf Zehnkämpfer Kurt Bendlin

Nachruf

Kurt Bendlins Lebensmotto lautete: Nie aufgeben

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    Kurt Bendlin läuft beim olympischen Zehnkampf 1968 über die Ziellinie. Die Bronzemedaille war sein größter Erfolg.
    Kurt Bendlin läuft beim olympischen Zehnkampf 1968 über die Ziellinie. Die Bronzemedaille war sein größter Erfolg. Foto: dpa

    Er stammt aus einer Zeit, in der die Zehnkämpfer noch Gladiatoren waren, Helden, die ihren Sport nicht zuletzt auch deswegen betrieben, um bewundert zu werden, die sich die Fotos in den Zeitungen stolz ausschnitten. Vor allem, wenn er darauf aussah wie ein Auftragskiller, maximal fokussiert, allzeit bereit, sämtliche Qualen der Hölle durchzustehen, um zum Ziel zu kommen. Dabei war Kurt Bendlin nie ein Pfau. Aber der muskulöse Leichtathlet wusste immer um seine Wirkung, vor allem auf das weibliche Geschlecht. Die Lockenpracht, der ewig athletische Körper, der ihm den Nimbus von Unsterblichkeit verlieh, und dann noch dieses gewinnende Lächeln: Aus solchem Holz sind Filmstars geschnitzt. Und Bendlin spielte tatsächlich die Hauptrolle in einem Sportdrama, von dem andere Zehnkämpfer eigentlich nur alpträumen können.

    Zwei Tage Hitze und am Ende ein Weltrekord

    Es war das Wochenende des 13. und 14. Mai 1967, als das im schleswig-holsteinischen Malente geborene Kraftpaket Geschichte schrieb. Das Thermometer zeigte 38 Grad im Schatten, aber Bendlin sprintete, sprang und warf sich an zwei brütend heißen Tagen in Heidelberg förmlich in einen Rausch. Mit 8319 Punkten stellte er einen neuen Zehnkampf-Weltrekord auf. „Ich empfand eine Mischung aus überschäumender Freude und tiefer Einsamkeit. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem vorher noch kein Mensch war“, erinnerte sich Bendlin. Auf jeden Fall gab er dem geflügelten Wort „König der Athleten“ eine neue Bedeutung und schrieb ein Heldenepos aus Blut, Schweiß und Tränen. Denn Kurt Bendlin konnte vor allem eines: leiden. Er biss die Zähne zusammen, kämpfte weiter, wo andere längst das Handtuch geworfen hätten. Doch sein Lebenscredo lautete stets: Nie aufgeben! Aus allem das Beste machen!

    Mit purer Willenskraft sichert sich Kurt Bendlin Bronze

    Beinahe logisch, dass er nach seinem Weltrekord 1967 auch zu Deutschlands „Sportler des Jahres“ gewählt wurde. Von da an gab es nur ein Ziel: Olympiagold 1968. Bendlin galt als Topfavorit, doch sein Körper sendete schon in jenen Jahren erste Warnsignale. In der Vorbereitung erlitt der „König“ einen Muskelfaserriss und konnte sechs Wochen lang kaum trainieren. In der Höhe von Mexiko City plagten ihn immer wieder Krämpfe, doch mit einer schier unmenschlichen Energieleistung schaffte der Weltrekordmann noch den Sprung aufs Podest. „Einige stempelten mich zum Versager, weil ich nur Bronze gewann. Für mich aber war das mein größter Sieg. Was ich da aus mir rausgeholt habe – unglaublich“, stellte der mit 1,83 Metern eher kleine Allrounder klar. Randnotiz: die Väter seiner Erfolge hießen Friedel Schirmer und Trainerlegende Bertl Sumser, zu dessen Beerdigung 2009 Kurt Bendlin sogar nach Hexenagger (Kreis Eichstätt) gekommen war.

    In den Weltrekord „eher reingeschliddert“

    Mexiko blieb die einzige internationale Medaille in Bendlins Karriere. Vor Olympia 1972 in München riss seine Achillessehne, ein letzter Comeback-Versuch vor den Spielen 1976 scheiterte. In seinen Weltrekord sei er „eher reingeschliddert“, sagte er einmal. Während seiner aktiven 14-jährigen Karriere musste das Kraftpaket 14 Operationen über sich ergehen lassen. „Mein Problem war, dass meine Kraft größer war als die Haltbarkeit meiner Knochen und Gelenke.“ Auf der Schlussgeraden seines Lebens gab der Diplomsportlehrer noch Fitness-Kurse für gestresste Manager und half alkohol- und drogenabhängigen Menschen dabei, wieder in die Spur zu finden. Bereits 2021 hatte die Leichtathletik-Ikone auf einem Acker bei Paderborn einen Schlaganfall und einen Herzinfarkt erlitten, sich aber noch einmal berappelt, bis er vor wenigen Tagen endgültig den Zielstrich überquerte. Und so hat Kurt Bendlin im Alter von 81 Jahren tatsächlich den Zehnkampf seines Lebens beendet.

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