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Nach Messer-Attentat: Augsburgerin holt bei Paralympics Doppel-Silber

Nach Messer-Attentat

Augsburgerin holt bei Paralympics Doppel-Silber

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    Bahnradsportlerin Natalie Simanowski gewinnt die Silbermedaille.
    Bahnradsportlerin Natalie Simanowski gewinnt die Silbermedaille. Foto: DPA

    Peking (dpa/AZ) - Natalie Simanowski aus Augsburg hat bei den Paralympics in

    Kinderkrankenschwester Natalie Simanowski kommt von der Arbeit und beugt sich über den Kofferraum ihres Autos, da sticht ein psychisch Kranker sie mit einem Messer auf offener Straße nieder.

    "Meine Beine sackten weg. Ich wusste sofort, dass es etwas Schlimmes ist. Ich bin ja vom Fach. Dabei wurde mein Rückenmark 'nur' verletzt und nicht durchtrennt", erzählt die 30-jährige Bahnradsportlerin von Bayer Leverkusen, die im Pekinger Laoshan-Velodrom Silber in der Einzelverfolgung gewann, nachdem sie bereits Silber im Zeitfahren über 500 Meter geholt hatte.

    Mittlerweile hat sie in ihrem "zweiten Leben" auch ihr Lächeln wiedergefunden. Die Erinnerungen an jenen 25. Juni 2003, der ihr Leben von einer Sekunde auf die andere veränderte, blendet die gebürtige Niedersächsin aus. "Das belastet mich nicht mehr." Auch Gedanken an den Täter verschwendet sie nicht mehr. "Der sitzt immer noch in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie", meint Simanowski, die eine inkomplette Querschnittlähmung hat. "Inkomplett bedeutet, dass ich nicht komplett ab meiner Verletzungshöhe gelähmt bin, sondern nur teilweise. Dadurch bin ich nicht immer auf einen Rollstuhl angewiesen", sagt die in Augsburg wohnende Athletin, die das Gehen neu erlernen musste und die Klinik nach drei Monaten auf eigenen Füßen verlassen hat.

    Nach zwei Jahren langwieriger Klinik-Aufenthalte suchte Simanowski, die vor ihrer Behinderung auf Landesebene eine ausgezeichnete Mittelstrecken- und Marathonläuferin war, eine neue Herausforderung. Im Internet fand sie den Kontakt zu Adelbert Kromer. Sie schrieb dem Bundestrainer der behinderten Radfahrer eine Mail, seither hat sie zwei bis drei Stunden pro Tag Training.

    Auf ihrem 8000 Euro teures Rad, das sich von den High-Tech-Geräten der Nichtbehinderten kaum unterscheidet, fühlt sie sich pudelwohl. 2006 gewann sie bei der WM drei Titel und wurde in Augsburg zur Sportlerin des Jahres gekürt. Simanowski hat zwei Beine, einige ihrer Gegnerinnen nur eins. "Dafür haben die einen Unterschenkel, den sie einsetzen können. Meine Unterschenkel sind beide taub", betonte der Paralympics-Neuling, der in den vergangenen zwei Jahren das Leistungsniveau auf ein neues Level gehoben hat. Schon in der Qualifikation am Morgen verbesserte sie den Weltrekord auf 4:16,176 Minuten.

    Im Finale war sie mit 4:19,396 zwar 14 Sekunden schneller als die 52-jährige Amerikanerin Barbara Buchan, wegen der Einstufung als leichter Behinderte wurde sie nur Zweite und ärgerte sich über die ungerechte Einteilung der Startklassen: "Ich muss jetzt jedem erklären, warum ich als fünffache Weltmeisterin trotz Weltrekord und schnellerer Zeit nur Zweite werde." Das liege daran, dass bei den Paralympics andere Maßstäbe gelten. "Bei der WM fahre ich auch mit Buchan zusammen und gewinne. Diesmal bekam sie einen ganz anderen Zeitfaktor."

    Seit Februar 2007 bereitete sie sich unter professionellen Bedingungen auf ihre ersten Paralympics vor. Durch ihren Mann Oliver und einer Rente von der Berufsgenossenschaft ist sie finanziell abgesichert. Seitdem spulte sie auf dem Rad 12 000 Kilometer ab. Ihr Arbeitgeber, eine häusliche Kinderkrankenhilfe, hat sie freigestellt und dennoch ihre 400-Euro-Stelle gezahlt.

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