Gemächlich geht es zu hier auf dem flachen Land. Hinwil ist nur wenige Kilometer von Zürich entfernt, Großstadthektik aber ist hier so weit verbreitet wie Schweizer Kühe am Strand von Mauritius. Ganz in Ruhe lässt sich hier in einem kleinen Industriegebiet an großen Projekten arbeiten. Sauber hat in Hinwil seinen Sitz. Der Schweizer Rennstall ist seit fast 30 Jahren in der Formel 1 engagiert, was viel Erfahrung garantiert. Peter Sauber ist Firmengründer, 1993 feierte sein Rennstall Königsklassen-Debüt. Sauber aber hat es nie geschafft, sich an die Spitze zu setzen. Das gelang auch nicht durch die Zusammenarbeit mit BMW, bei der zwar viel Geld investiert wurde, die allerdings 2009 nach nur vier Jahren wieder beendet wurde.
Nun versucht sich ein anderer deutscher Hersteller mit Sauber. Audi hat sich die Schweizer als Partner für das eigene Formel-1-Projekt ausgesucht, das 2026 beginnt. Sauber wird demnach als Audi-Werksteam starten, die Ingolstädter werden einen Anteil an der Sauber Group übernehmen.
Audi hat den Sauber-Windkanal schon früher genutzt
„Wir freuen uns, für unser ambitioniertes Formel-1-Projekt einen derart erfahrenen und kompetenten Partner gewonnen zu haben“, sagt Oliver Hoffmann, Vorstand für Technische Entwicklung bei Audi. „Wir kennen die Sauber Group mit ihrem hochmodernen Standort und erfahrenen Team schon von früheren Kooperationen und sind überzeugt, dass wir gemeinsam ein starkes Team bilden werden.“ Audi hatte bereits für andere Projekte wie die 24 Stunden von Le Mans den modernen Windkanal in Hinwil genutzt. Für das künftige Formel-1-Projekt wird der Motor am Audi-Standort in Neuburg produziert, entwickelt und gefertigt wird der Rennwagen in Hinwil. Die Schweizer werden zudem für die Planung und Durchführung der Renneinsätze zuständig sein.
In Neuburg war für das Formel-1-Projekt eine eigene GmbH gegründet worden. Mehr als 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier bereits beschäftigt. Zudem soll der Standort weiter ausgebaut werden, was Personal, Gebäude und technische Infrastruktur betrifft. Dieser Schritt soll 2023 weitgehend abgeschlossen sein. Erste Testfahrten mit der neu entwickelten Antriebseinheit, die aus Elektromotor, Batterie, Steuerungselektronik und Verbrennungsmotor besteht, sind für 2025 in einem Formel-1-Testauto geplant.
Porsche sucht noch immer nach einem Partner
Ab 2026 gibt es in der Formel 1 ein neues Reglement, das ein großer Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit ist. Für Audi war das eine Voraussetzung für den Einstieg in die Königsklasse des Motorsports. Die Motoren sollen deutlich effizienter sein. Der Anteil der elektrischen Leistung wird dem Verbrennungsmotor angeglichen, der auf 400 kW (544 PS) kommt. Synthetischer Kraftstoff, der CO2-neutral ist, wird die 1,6-Liter-Turbomotoren antreiben. Auch für Porsche sind das reizvolle Aussichten, allerdings hat die Konzernschwester noch keinen Partner für die Formel 1 gefunden. Eine angedachte Zusammenarbeit mit Red Bull ließ sich nicht realisieren. Alpha Tauri, Haas und Williams wären weitere Kandidaten, ganz hat Porsche den Traum von der Formel 1 noch nicht aufgegeben.
Es ist also nach wie vor möglich, dass es ab 2026 wieder konzerninterne Duelle gibt, wie bereits in anderen Rennserien in der Vergangenheit. Audi jedenfalls ist bereit und mit seinen Planungen recht weit. „Audi ist der beste Partner für die Sauber Group“, sagte Sauber-Teambesitzer Finn Rausing. Und: „Es ist deutlich, dass beide Unternehmen dieselben Werte und dieselbe Vision haben. Wir freuen uns darauf, die gemeinsamen Ziele mit einer starken und erfolgreichen Partnerschaft zu erreichen.“ Derzeit tritt das Schweizer Team unter dem Namen Alfa Romeo an und belegt in der Konstrukteurswertung Rang sechs. Die Motoren liefert Ferrari, was auch in den beiden kommenden Jahren der Fall sein soll. Die Partnerschaft mit Alfa Romeo dagegen endet 2023.