Max Verstappen hat mit seinem souveränen Premierensieg beim Großen Preis von China eine fast perfekte Rückkehr ins Riesenreich gefeiert. Der 26 Jahre alte Niederländer raste in seinem Red Bull trotz zwei Safety-Car-Phasen seinen Formel-1-Widersachern vor vollen Rängen einmal mehr auf und davon.
Verstappen baute seine Führung im Klassement mit der nahezu optimalen Punkteausbeute am Wochenende dank seines Sprintsiegs bereits am Vortag weiter aus. Nur den Punkt für die schnellste Rennrunde musste er Aston Martins Fernando Alonso überlassen.
Zweiter wurde auf dem Shanghai International Circuit Lando Norris im McLaren, dahinter kam der WM-Zweite Sergio Pérez im Red Bull als Dritter ins Ziel. Nico Hülkenberg kam im Haas als einziger deutscher Stammfahrer auch in die Punkteränge, er wurde Zehnter hinter Rekordweltmeister Lewis Hamilton von Mercedes. "Das war fantastisch", sagte Verstappen über Funk, "wir haben es an diesem Wochenende richtig gut gemacht."
Alonso-Attacke am Start
Dort wo Chinas 2,29 Meter große Basketball-Legende Yao Ming kurz zuvor noch durch die Startaufstellung geschritten war, zeigten die Großen der Formel 1 vorne, was sie können. Verstappen erwischte einen Top-Start, als die roten Ampeln ausgingen. Der Niederländer hatte am Samstag Red Bull die 100. Pole in der Motorsport-Königsklasse beschert. Die erste hatte Sebastian Vettel geholt vor fast auf den Tag genau 15 Jahren am 18. April 2009 - und das auch in China.
Bei der China-Rückkehr nach fünf Jahren coronabedingter Pause steuerte Verstappen seinem ersten Shanghai-Sieg von Beginn an meisterlich entgegen, die Attacke von Fernando Alonso in der ersten Kurve wehrte er locker ab. Der spanische Altmeister, der schon 2004 beim ersten China-Rennen am Start gestanden hatte, schob sich von Startrang drei aus an Pérez außen vorbei und griff in einem Schwung auch noch Verstappen an. Auf der Innenseite ließ der 26 Jahre alte Niederländer mit drei Titeln dem 42 Jahre alten Spanier mit zwei Titeln aber keine Chance.
Rekordweltmeister und China-Rekordsieger Hamilton leidet
Dahinter erwischte auch Hülkenberg eine gute erste Runde und verbesserte sich nach Startrang neun in der Qualifikation vorübergehend auf den siebten Platz. China-Rekordsieger Hamilton kam indes nach der Riesenenttäuschung als Quali-18. nach dem zweiten Platz im Sprintrennen gar nicht gut weg. Der Sieger des bis dahin letzten Großen Preises von China 2019 rutschte zunächst sogar auf den vorletzten Platz ab und klagte über die soften Gummis an seinem Mercedes: "Ich komme mit den Reifen nicht von der Stelle."
Das konnte Verstappen über die Medium-Reifen nicht sagen. Nach der fünften Pole für den fünften Grand Prix des Jahres lieferte er ein neuerliches Bravourstück ab. Bevor er in der 14 Runde in die Box kam zum Reifenwechsel, hatte er bereits rund zehn Sekunden Vorsprung auf Pérez. Das Gute daran: Die Zeit reichte, damit auch der Mexikaner fix nach Verstappen an die Box kommen konnte. Wie gewohnt bei Red Bull fertigte die Crew beide Autos in rasantem Tempo ab.
Binnen weniger Runden hatte Verstappen auch die Führung zurückerobert, ohne dass die dabei vor ihm gelegenen Piloten selbst an der Box gewesen wären. Wie auf Knopfdruck spulte er schnellste Rennrunden ab. Die Konkurrenz blieb machtlos. Lediglich bei der Regen-Qualifikation am Freitag für den Sprint hatte er - für seine Verhältnisse - geschwächelt und war nur auf Rang vier gekommen. Nach den 19 Runden der Renn-Kurzversion hatte er dann über 13 Sekunden Vorsprung auf Rang zwei gehabt.
Verstappen in der eigenen Liga
Nach 19 Runden von 56 im Grand Prix hatte er auch wieder die Führung übernommen und steuerte seinem 58. Karrieresieg entgegen. Als die Formel 1 vor fünf Jahren in China zuletzt angetreten war, hatte er gerade mal fünf auf dem Konto stehen gehabt. Spätestens seit seinem ersten WM-Triumph 2021 fährt Verstappen aber in einer eigenen Liga. Der Sieg in China war der vierte im fünften Rennen in diesem Jahr. In Australien war er mit einem Defekt ausgefallen. Von den vergangenen 49 Rennen seit dem Auftakt 2022 gewann Verstappen 38.
Vor den ausverkauften Rängen auf dem Shanghai International Circuit hielt trotz der Verstappen-Übermacht der Unterhaltungswert aber an. Schon am Freitag und Samstag hatten sich die begeisterten Fans nicht über mangelnde Action und die Formel 1 über prächtige PR im Land des wichtigsten Automarkts der Welt freuen können.
Nach einem Motordefekt und dem Aus von Valtteri Bottas im Sauber musste das Safety Car raus, flugs wurden die Reifen noch mal gewechselt, die Rückstände und Vorsprünge waren dahin. Auch für Verstappen, der Lando Norris im McLaren, Charles Leclerc und Pérez hinter sich hatte, als das Safety Car wieder in die Box fuhr. Binnen weniger Kilometer hatte er schon wieder anderthalb Sekunden Vorsprung, ehe Bernd Mayländer erneut mit dem Safety Car auf die Strecke musste. Als dieser dann wieder reinfuhr, wiederholte sich das Spielchen: Verstappen fuhr davon Richtung Sieg.
(Von Jens Marx und Martin Moravec, dpa)