Seine Fürsprecher hat Mick Schumacher noch. Recht prominente sogar. Sebastian Vettel kennt den 23-Jährigen schon lange. Ein wenig fühlt er sich für Schumacher verantwortlich. Also springt er ihm in dieser schwierigen Phase zur Seite. Man solle Schumacher einfach mal in Ruhe lassen, betonte Vettel zuletzt. Und nicht immer nur darauf schauen, was schlecht laufe. Das aber ist nun eben mal in der bisherigen Saison von Mick Schumacher das Auffälligste. Seine schweren Unfälle in Saudi-Arabien und Monaco. Sein schwaches Abschneiden zuletzt in Baku. Noch immer kein Punkt, als einer von nur zwei Fahrern. Das schmerzt. Schumacher in erster Linie, aber auch sein Haas-Team. Die Unruhe nimmt zu. Die Diskussionen über Schumachers Zukunft auch.
Es häufen sich die Fragen nach Schumachers Tauglichkeit für die Formel 1. In seinem ersten Jahr hatte er als Neuling wenig zu verlieren. Fehler wurden schneller verziehen. Zumal sein Auto im Vergleich zur Konkurrenz so unterlegen war, dass schwache Platzierungen zwangsläufig die Folge waren und nicht unbedingt mit der Qualität des Fahrers in Verbindung gebracht wurden. Schumacher hatte seinen damaligen Teamkollegen Nikita Mazepin im Griff, das war das Wichtigste.
Sein Teamkollege macht es Schumacher vor
Nun, in seinem zweiten Jahr haben sich die Vorzeichen geändert. Der Haas-Rennwagen ist konkurrenzfähig. Fährt man ihn am Limit, sind durchaus Platzierungen in den Punkte-Rängen möglich. Schumachers Teamkollege Kevin Magnussen hat das bereits gezeigt. Schumacher selbst ist es noch nicht gelungen. Er macht zu viele Fehler. Vor allem jetzt, wenn er nicht am Ende des Feldes einsam vor sich hin fährt, sondern im engen Mittelfeld Duelle bestreiten muss. Überholen, verteidigen, all das scheint ihm Probleme zu bereiten. Schumacher aber ist ein Kämpfer. Der Druck sporne ihn eher an, sagte er zuletzt. Der Druck, sich beweisen zu müssen. Der Druck, nicht erneut einen schweren Unfall zu verursachen, der das Team viele Euros kostet.
Sein Chef Günther Steiner schaut genau hin. Vor Baku hatte der Haas-Teamchef eindrücklich darauf hingewiesen, dass doch bitte ein weiterer schwerer Unfall zu vermeiden sei. Immerhin das schaffte Schumacher. Richtig schnell aber war er nicht unterwegs, er wurde Vorletzter. Aus Vorsicht und Angst? Zuletzt tauchten Gerüchte auf, dass Schumacher in Baku beinahe gar nicht hätte fahren dürfen. Steiner soll an eine Degradierung gedacht haben, vermeldete das Portal f1-insider.com. Letztlich habe nur ein Einspruch von Ferrari den angedachten Fahrertausch verhindert. Die Italiener haben einen Kooperationsvertrag mit Haas und somit auch Mitspracherecht bei der Besetzung eines Cockpits. Seit Michael Schumachers Zeit bei der Scuderia ist die Verbindung zwischen Ferrari und den Schumachers sehr eng. Mick Schumacher ist zudem Ferrari-Ersatzfahrer und Teil des Nachwuchsförderprogramms. Irgendwann, so der Plan, soll der 23-Jährige mal für Ferrari fahren. Der Weg dorthin ist aber noch weit.
Schumacher dementiert Gerüchte
Sowohl Steiner als auch Schumacher dementierten in Kanada das Gerücht. „Man sollte nicht allen Gerüchten Glauben schenken“, sagte Schumacher. „Es war einer der ersten Tipps, die mein Papa mir gegeben hat, keine Nachrichten zu lesen. Das habe ich mir zu Herzen genommen.“ Zudem versicherte er, dass er die Unterstützung von Steiner und dem Team spüre. „Wir wachsen durch solche Situationen sogar noch näher zusammen. Ich habe mich von Günther immer unterstützt gefühlt. Er pusht mich jedes Mal. Und das ist es auch, was ich von einem Teamchef möchte“, sagte Schumacher bei Auto, Motor und Sport.
In Kanada muss sich Schumacher am Sonntag (20 Uhr) beweisen. Die ersten Tage in Montreal waren schon unruhig. Ein Tornado soll aufziehen, am Donnerstag stand bereits das Wasser in der Boxengasse, turbulentes Wetter ist bis zum Samstag zu erwarten. Dennoch ist Schumachers Vorfreude auf sein erstes Rennen in Montreal groß. Die Strecke ist für ihn neu, beim Formel-1-Rennen dort war er allerdings schon. Als sein Vater noch für Mercedes fuhr, war er in Montreal dabei. Der kleine Mick, zwölf Jahre alt, wollte unbedingt in die Startaufstellung. Bedingung des Teams: Einen Kuchen backen. Nur als Scherz gedacht, Mick Schumacher aber stellte sich an den Ofen und begann zu backen. Als Belohnung erhielt er den Pass für die Startaufstellung. „Ich habe also schöne Erinnerungen an Montreal“, sagt der 23-Jährige.
Vettel unterstützt Mick Schumacher
Der Alltag ist dagegen weniger schön. Sebastian Vettel kennt solche Situationen. Auf dem Weg in die Formel 1 war er ein wichtiger Ratgeber. Oft tauschten sich die beiden aus, auch heute noch. Meist ist dabei Vettel in der Rolle des Helfers. Der viermalige Weltmeister weiß genau, was es in der Formel 1 braucht. Und er kann einschätzen, wie hart Kritik treffen kann. Vettel hat selbst nicht nur die Sonnenseiten der Formel 1 erlebt. Seine Titel mit Red Bull fielen in seine Glanzzeit. Damals schien es, als wäre er unbesiegbar. Er dominierte die Königsklasse. Später bei Ferrari war von dieser Dominanz nichts mehr übrig. Vettel kämpfte mit sich, dem Auto und dem Team. Frustriert verließ er die Scuderia, sein Traum vom Titel mit Ferrari hatte sich nicht erfüllt.
Auch Mick Schumacher erlebt in seinem zweiten Formel-1-Jahr, wie hart das Motorsportgeschäft ist. Sein Aufstieg war nahezu ungebremst. Sein Name half ihm, sein Vater Michael ist Rekordweltmeister. Ein solcher Name kann Türen öffnen. Durchgehen aber muss Mick Schumacher selbst. Bislang ist ihm das gelungen. Selten auf Anhieb, er hat meist zwei Saisons in einer Rennklasse benötigt, bis er richtig erfolgreich war. In der Formel 1 fährt er nun auch in seinem zweiten Jahr. Von einem Durchbruch ist er aber weit entfernt. Ist Schumacher also doch nicht bereit für die Formel 1? Fehlt ihm das Talent? Wohl kaum. Denn ganz ohne Können wäre er nie dort angekommen. Nun muss er aber zeigen, dass er zu Recht in der Königsklasse fährt.