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Leverkusen: Desaster im Spitzenspiel: Der FC Bayern lässt in Leverkusen alles vermissen

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Desaster im Spitzenspiel: Der FC Bayern lässt in Leverkusen alles vermissen

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    Spitzenspiele waren lange Zeit eine Spezialität des FC Bayern. Bei der 0:3-Klatsche in Leverkusen war von dieser Qualität rein gar nichts zu sehen.
    Spitzenspiele waren lange Zeit eine Spezialität des FC Bayern. Bei der 0:3-Klatsche in Leverkusen war von dieser Qualität rein gar nichts zu sehen. Foto: Ulrich Hufnagel, Witters

    Wenn's läuft, dann richtig. Auf der Pressekonferenz nach dem 0:3 seiner Bayern scheiterte Thomas Tuchel vor seiner Antwort daran, die Wasserflasche zu öffnen. Es sollte einfach gar nichts klappen für die Bayern an diesem Samstagabend in Leverkusen. Auf die Nachfrage von Bayer-Pressesprecherin Valeska Homburg, ob man denn helfen könne, reagierte Tuchel mit einem säuerlichen Lächeln. Als die Flasche dann mal offen war, verbesserte sich Tuchels Miene nicht wirklich. Die deftige Pleite gegen die Werkself – sie war zwar noch keine Vorentscheidung, aber doch eine glasklare Machtdemonstration. "Etwas zu hoch ausgefallen" sei die Niederlage, so Tuchel. Und auch darüber gab es im Presseraum an diesem Abend unterschiedliche Meinungen.

    Tuchel hatte im Vorfeld darauf gesetzt, dass es laufen würde wie immer, wenn die Bayern gefordert sind: Spitzenspiele kann man doch in München. Stattdessen waren die Bayern nur in den ersten zehn Minuten und in Teilen der zweiten Halbzeit auf Augenhöhe mit Bayer, eine richtige Torchance gab es in 90 Minuten nicht. Ausdruck der Harmlosigkeit der Bayern: Harry Kane kam im gesamten Spiel nur auf 16 Ballkontakte. Nach dem Rückstand durch den vom FCB an Leverkusen verliehenen Josip Stanisic (18.) kippte das Spiel völlig. "Wir haben Gewinner in unseren Reihen, große Persönlichkeiten, die ihre Energie daraus ziehen, jetzt ein Ausrufezeichen zu setzen", hatte Tuchel noch vor dem Spiel gesagt. Das Problem: Während viele vermeintliche Siegertypen am Samstag den Nachweis ihrer besonderen Fähigkeiten schuldig blieben, musste sich ein anderer das Geschehen eine Stunde lang von außen ansehen: Thomas Müller.

    Bayern-Routinier Thomas Müller fand deutliche Worte.
    Bayern-Routinier Thomas Müller fand deutliche Worte. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Thomas Müller wird nach dem Spiel emotional: "Uns fehlen die Eier"

    Müller mag nicht mehr zu den Spielern mit den meisten Minuten gehören, nach Spielende ist er gefragt wie eh und je. Und auch diesmal lieferte er eine treffende Analyse – auch wenn die emotional wie selten ausfiel. Auf die Frage nach einer Erklärung für die Pleite sagte er bei Sky: "Warum, warum. Es gibt natürlich einige Symptome. Ich bin ehrlich gesagt angefressen. Da können wir unseren Oliver Kahn zitieren: Mir fehlen da teilweise die Eier!" Während bei Leverkusen die Freude am Spiel zu spüren sei ("Die zocken einfach, die spielen Fußball, die suchen Lösungen!"), wirke bei den Bayern alles verkopft. "Was mir fehlt – deswegen sage ich es auch öffentlich – von uns Spielern, dass wir im Training deutlich bessere Ansätze zeigen, weil wir da mutig sind und frei Fußball spielen." Die Taktik spiele da keine Rolle: "Es waren genug Spieler von internationalem Format bei uns auf dem Platz. Da braucht man gar nicht auf den Trainer zu gehen."

    Die emotionale Ausführung Müllers konnte Tuchel "auf jeden Fall verstehen". Auch ihm fehle das Verständnis angesichts einer guten Trainingswoche für die letztlich gebotene Leistung. Der Coach zog ein bitteres Fazit: "Es fehlt an Leichtigkeit, Durchsetzungsvermögen und Selbstvertrauen." Ohne Druck – etwa im Training – "machen wir es gut, am Spieltag nicht". Dass er der Mannschaft mit der erstmals in dieser Saison verpassten Dreierkette ein unpassendes taktisches Konzept verabreicht hatte, glaubt Tuchel nicht – und zog als Beweis das 0:1 heran. Nach einem schnell ausgeführten Einwurf gab Robert Andrich den Ball mit Schnitt in den Strafraum – und gleich fünf Bayernspieler schafften es nicht, ihn zu klären. Mit Josip Stanisic schob einer, der bald wieder das FCB-Trikot trägt, ein. "Das Tor, das wir dann kassieren, kannst du eigentlich mit einer Fünferkette gar nicht kassieren."

    Auch Leroy Sané ließ im Spiel gegen Leverkusen vieles vermissen.
    Auch Leroy Sané ließ im Spiel gegen Leverkusen vieles vermissen. Foto: Ulrich Hufnagel, Witters

    Tuchel will am Ziel Titel festhalten: "Werden einen Teufel tun"

    Auch das 0:2 durch Grimaldo nach einem einfachen Doppelpass (50.) dürfe niemals so fallen. Dennoch dauerte es weitere zehn Minuten, ehe Tuchel umstellte, Müller und Kimmich brachte. Danach wurde es etwas besser, aber noch längst nicht gut. In der Schlussphase nutzte der zuvor eingewechselte Jeremie Frimpong (90.+5) seine dritte Chance zum 3:0 und schoss ins leere Tor ein – Neuer war zuvor bei einem Eckball nach vorn gegangen.

    Angesichts von fünf Punkten Rückstand wollte Tuchel nichts von einer Vorentscheidung wissen. Den Titel werde man selbstredend nicht abhaken: "Wir werden den Teufel tun." Dieses trotzige Selbstbewusstsein ist eines der wenigen Dinge, die an diesem Abend an den alten FC Bayern erinnerten. Immerhin: Schon am Mittwoch, in der Champions League, bei Lazio Rom kann die Mannschaft wieder ein anderes Gesicht zeigen. Sollte sie auch, findet Vorstandschef Jan-Christian Dreesen: "Nach so einem Spiel, wo wir klar die schlechtere Mannschaft waren, muss man sich sammeln und nach vorn schauen." Den Blick nach hinten sollten die Bayern angesichts der Vorstellung am Samstagabend auch dringlich vermeiden. 

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