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Leichtathletik: Gina Lückenkemper enttäuscht – mal wieder

Leichtathletik

Gina Lückenkemper enttäuscht – mal wieder

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    Gina Lückenkemper kann beim Finale der Besten nur noch zuschauen.
    Gina Lückenkemper kann beim Finale der Besten nur noch zuschauen. Foto: Marcus Brandt, dpa

    Gina Lückenkemper und die WM: Das bleibt weiter eine Unvollendete. Die 100-Meter-Europameisterin von München schied am Montagabend als Fünfte mit 11,18 Sekunden im Halbfinale von Budapest aus – zum vierten Mal in Folge nach 2017, 2019 und 2022. „Bockmist“ sei es gewesen, gab die 26-jährige Sprinterin anschließend gewohnt freimütig zu, um danach ebenso wortreich zu erklären, warum es diesmal wieder nicht geklappt habe. Ebenso wortreich hatte Lückenkemper vor der WM bekanntlich Großes versprochen.

    Ihre persönliche Bestzeit wolle sie unterbieten (10,95 Sekunden) und womöglich sogar einen deutschen Rekord laufen. Sie sei in der Form ihres Lebens und so konstant wie nie unterwegs. Das sind steile Thesen, die jedoch einer meinungsstarken und herausragenden Athletin wie ihr zustehen.

    Doch dass es in Budapest nicht klappen sollte, hatte sich irgendwie bereits im Vorlauf am Sonntag angedeutet. Da „schlich“ sie nach eigener Meinung ins Halbfinale, als Dritte mit einer Zeit von 11,21 Sekunden – ihrer langsamsten in der gesamten Saison – und jeder, der noch ihren fulminanten Sturm zum EM-Gold in München in Erinnerung hatte, wunderte sich. Dass ein Meter pro Sekunde Gegenwind herrschte, habe sie gehemmt. Aber die Bedingungen sind bekanntlich für alle gleich. 

    Vor dem Start hatte sich Lückenkemper die Finger verbrannt

    Auch das Problem, dass die Bahn um die Mittagszeit bei 33 Grad und strahlendem Sonnenschein schlicht zu heiß für die Wahl-Bambergerin gewesen sei und die Sprinter nirgendwo anders so lange in der Fertig-Position verharren müssten wie hier in der ungarischen Hauptstadt, trägt sie nicht allein. Dabei habe sie sich die Finger verbrannt, schrieb Lückenkemper und postete auf Instagram gleich zwei Bilder, die die aufgeplatzte Haut an den Fingern beider Hände zeigten. Auch eine solche Begründung steht ihr natürlich zu. Allerdings darf es erlaubt sein, zu fragen, wie Medien und DLV-Verantwortliche wohl auf einen Satz wie diesen reagiert hätten, wenn er aus dem Mund einer jungen, unbekannten Athletin gekommen wäre.

    Und es fanden sich auch nach dem Halbfinal-Aus noch zig andere Gründe, um das Unerklärliche zu erklären. Der Start sei zwar besser gewesen als im Vorlauf, „aber hinten raus hab’ ich die Hüfte verloren“, schwurbelte sie in bestem Leichtathletik-Chinesisch und wollte damit eigentlich erklären, dass ihr Gesäß abkippte und ein optimaler Kniehub dadurch kaum mehr möglich war. Etwas, das einer Weltklasse-Sprinterin normalerweise nicht passieren darf. Lückenkemper selbst rätselte weiter wortreich über die Umstände des Ausscheidens, blieb ihrer bewährten Linie treu, lächelte und ließ sich die Enttäuschung zumindest äußerlich nicht anmerken.

    Richardson läuft in ihrer eigenen Welt

    Anders als ihren Konkurrentinnen ShaʼCarri Richardson und Ewa Swoboda, die im Halbfinale nach schwachen Starts auf ihren Hot Seats als Wackelkandidatinnen wahlweise beteten oder Tränen vergossen. Im Finale stürmten sie dann zu phänomenalen Zeiten, bis in die Haarspitzen aufgeladen mit Adrenalin: Swoboda auf Bahn eins als beste Europäerin zu einem neuen Hausrekord (10,97 Sekunden) und

    Und so hob sie sich wie weiland ihr berühmter Landsmann Carl Lewis das Beste für die letzten Meter auf, raste an den Jamaikanerinnen Shericka Jackson (Silber in 10,72 Sekunden) und dem 36-jährigen Sprint-Denkmal Shelly-Ann Fraser-Price (Bronze in 10,77 Sekunden) vorbei, die mit offenen Mündern im Ziel auf die rechts von ihnen jubelnde Richardson blickten. Die erzielte mit 10,65 Sekunden die schnellste Zeit, die eine Frau je bei Weltmeisterschaften erreicht hatte. Nach Marihuana-Sperre und privaten Rückschlägen vollzog ShaʼCarri Richardson in Budapest endgültig die Verwandlung vom exaltierten Glamourgirl mit künstlichen orangen Haaren zur starken Powerfrau, vom Riesentalent zur Weltmeisterin, die dem Sprint in den nächsten Jahren ihren Stempel aufdrücken kann.

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