Es war ein Moment, der diese Leichtathletik-Europameisterschaft in München überdauern wird. Für den Zehnkampf-Titelverteidiger Arthur Abele aus Ulm war der Wettbewerb (fast) schon beendet, als ihm eine Kampfrichterin zu verstehen gab, er habe über die 110 m Hürden einen Fehlstart hingelegt. Der DLV legte zwar sofort Protest ein, doch meist sind diese vergeblich. „Ich war fix und alle, habe geheult, war am Boden zerstört. Was soll ich sagen, ich war einfach komplett unten“, sagte Abele am Sky-Mikrofon. Mit der vagen Hoffnung auf einen erfolgreichen Protest startete er in das Diskuswerfen. Abele: „Beim ersten Versuch beim Diskus kam dann der Kampfrichter auf mich zu und hat gesagt, dass ich noch mal laufen darf. Und ich dachte erst mal, krass okay, jetzt bin ich erst mal durch. Ich habe dann gelacht, geweint, geweint, gelacht.“
Das Kampfgericht hatte dem Protest des deutschen Teams stattgegeben. Abele hatte offenbar nur seinen Druckpunkt auf den Startblock verändert, nicht aber einen Fehlstart begangen. Der 36-jährige Ulmer durfte also noch einmal ran über die 110 m Hürden. Ganz allein, dafür frenetisch angefeuert von den mehr als 20.000 Zuschauern, die am Vormittag bereits im Olympiastadion waren. Im Ziel reckte Abele die Arme wie ein Sieger in die Höhe und wurde wie ein Held gefeiert. „Das wird unvergesslich sein. Das wird mich ein ganzes Leben begleiten und da werden noch einige Tränen fließen im Nachgang“, sagte er.
Unvergessen bleibt der EM-Titel von Abele 2018 in Berlin
Der erfolgreiche Protest bewahrte Abele davor, ausgerechnet den letzten Zehnkampf seiner großen Karriere vorzeitig beenden zu müssen. Dabei hatte schon früh festgestanden, dass der Schwabe diesmal nicht mehr in den Kampf um die Medaillen würde eingreifen können. Immer wieder hatte er sich nach schweren Verletzungen zurück gekämpft und galt als der Leidensmann der deutschen Leichtathletik. Unvergessen sein Jubel, als er 2018 in Berlin Europameister wurde, sich mit einer Papierkrone auf dem Kopf und einer Deutschlandfahne über den Schultern feiern ließ und es einfach nicht fassen konnte, dass er endlich für all seine Mühen belohnt worden war. In München stand am Ende sein Kollege Niklas Kaul im Blickpunkt, der sich zu Abeles Erbe als Europameister krönte.