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Leichtathletik-EM: Gianmarco Tamberi holt Gold

Leichtathletik

Irre Show des Gianmarco Tamberi bringt Goldmedaille

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    Hochspringer und Schauspieler: Gianmarco Tamberi aus Italien jubelt nach dem Sieg im EM-Finale.
    Hochspringer und Schauspieler: Gianmarco Tamberi aus Italien jubelt nach dem Sieg im EM-Finale. Foto: Oliver Weiken, dpa

    Bella Italia - mit seinen Stränden, Städten und Trattorien bietet das Land die Sehnsuchtsorte für die Deutschen. Wir stürzen uns regelmäßig und in Massen wie die Lemminge den Brenner herunter. Was auch den Reiz ausmacht: Die Italienerinnen und Italiener sind anders als die Ureinwohner nördlich der Alpen - immer ein bisschen schriller, bunter und aufgekratzter. Ein schnödes Telefongespräch am Handy wird mit den Gesten eines Italieners zum Ein-Personen-Theaterstück. Eine Oscar-reife Darstellung lieferte am Dienstagabend Gianmarco Tamberi im Finale um den Europameistertitel im Hochsprung. Seine Bühne stand in Rom, im Olympiastadion. Die Vorstellung war zwar nicht ausverkauft, aber immerhin rund 20.000 Fans im ausnahmsweise gut gefüllten Rund feierten ihren Helden, der die anderen Athleten zu Statisten seiner Ein-Mann-Show degradierte. 

    Das Schauspiel mit mehreren Akten begann mit dem Einlauf der Hochsprung-Finalisten. Tamberi lief wie ein geschminkter Harlekin ein, mit einer perfekt rasierten und einer bärtigen Gesichtshälfte. Sein Markenzeichen, das seine Fans auf T-Shirts tragen. Der schlaksige Italiener steckte in goldenen Turnschuhen, wie es sich für den Weltmeister und Olympiasieger geziemt. Die Tifosi jubelten, johlten und feierten ihren "Gimbo" mit Spruchtafeln und Fahnen. Der Athlet verneigte sich vor den Zuschauern und der Ehrentribüne, auf der Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella Platz genommen hatte. Es war der Auftakt zu einer irren Hochsprung-Show, die wie jedes gute Schauspiel einen Spannungsbogen versprach und in einem Finale Furioso gipfelte. Irgendwie spielten auch die Konkurrenten mit.

    Tamberis Kumpel aus Deutschland darf nur zuschauen

    Im Wettkampf entpuppten sich die Ukrainer Vladyslav Lavskyy und sein Landsmann Oleh Doroshchuk als härteste Widersacher. Mateusz Przybylko stieg sechs Jahre nach EM-Gold nach übersprungenen 2,17 Metern mit Schmerzen am rechten Fuß aus. Der Leverkusener hatte sich den Fuß beim Anlauf verdreht. Przybylko und Tamberi sind seit vielen Jahren befreundet. Der 32-jährige Deutsche, der am Ende Platz zwölf belegte, konnte aus nächster Nähe die Finalshow seines Kumpels genießen. 

    Bei 2,29 Metern machte es der Lokalmatador spannend und übersprang die Höhe erst im dritten und letzten Versuch. Gerade noch gut gegangen. Irrer Jubel auf den Rängen. Die Zuschauer hatten längst nur noch Augen für ihren Flugkünstler. 

    Nach dem Sieg küsst Gianmarco Tamberi seine Frau.
    Nach dem Sieg küsst Gianmarco Tamberi seine Frau. Foto: Oliver Weiken, dpa

    Nach übersprungenen 2,31 Metern segelte der Italiener auch über 2,34 Meter und wälzte sich anschließend mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden. Eine schauspielerische Meisterleistung. Tamberi hielt sich den linken Fuß, den er sich im Laufe seiner Karriere bereits gebrochen hatte. Entsetzen in den Augen der Fans. Das Schauspiel drohte innerhalb von Bruchteilen in eine Tragödie zu gleiten. Doch dann die Wende: Der Showmaster zog sich den Schuh aus und wurschtelte aus seinen Utensilien fast unbemerkt einen zweiten Schuh heraus, aus dem der Zauberer mit einem breiten Grinsen im Gesicht kleine Sprungfedern purzeln ließ. Merke: Show-Effekte wollen sorgsam geplant sein. „Ich glaube, einige Leute sind drauf reingefallen“, sagte der Olympiasieger später sichtlich stolz. 

    Tamberi küsst seine Ehefrau vor Dutzenden von Kameras

    Der Italiener spielte mit den Emotionen, riss sich zwischendurch sein Trikot vom Leib. Oder: Bei einem Sprungversuch forderte der Zeremonienmeister das Publikum zu rhythmischem Klatschen auf. Beim nächsten Anlauf wünschte der Meister des Fosbury-Flop Stille im Olympiastadion. Nach dem Überqueren der Latte brach der Beifall von den Tribünen umso lauter über ihn herein. Mit übersprungenen 2,37 Metern holte "Gimbo" schließlich den EM-Titel vor den beiden Ukrainern Lavskyy (2,29) und Doroshchukss (2,26). der Rest war Jubel und ein Sieger-Kuss vor Dutzenden von Kameras von seiner Frau. Nicht verpassen: Die nächste Vorstellung folgt in wenigen Wochen bei Olympia in Paris.

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