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Kommentar: Was 100 Millionen Euro Ablöse für Harry Kane aussagen

Kommentar

Was 100 Millionen Euro Ablöse für Harry Kane aussagen

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    Eigentlich nur ein Fußballer. Aber der Transfer von Harry Kane dokumentiert den Irrsinn einer Branche.
    Eigentlich nur ein Fußballer. Aber der Transfer von Harry Kane dokumentiert den Irrsinn einer Branche. Foto: Charlotte Wilson, witters

    Klar, dass die Bild via Liveticker von diesem Großereignis berichtet. Assistiert von der englischen Yellow Press, die seit jeher das Vordringen in die intimsten und privatesten Momente eines Menschen perfektioniert hat. Ursprung der Aufregung war allerdings kein politischer Skandal, kein verheerendes Unwetter oder Krieg. Nein, letztlich ging es im Kern lediglich darum, dass ein viel zu hoch bezahlter Sportler für eine viel zu hohe Ablösesumme zu einem anderen Verein wechselt, bei dem er wiederum ein viel zu hohes Gehalt bekommt. 

    Was in den vergangenen Tagen rund um diesen Transfer medial veranstaltet wurde, war an Verrücktheit kaum zu überbieten. Doch am Freitag hieß es im Boulevard: "Kane-Flieger darf abheben!" Der englische Angreifer, der, auch das fließt ein, bislang bei keinem absoluten Premier-League-Spitzenklub seine Treffer erzielte, wechselt folglich für kolportierte 100 Millionen Euro aus London nach München.

    Berichterstattung als Instrument, die Absurdität des Profigeschäfts zu beleuchten

    Ja, Sie haben recht. Auch unsere Redaktion berichtete beinahe täglich über den schier endlosen Poker. Und ja, auch in dieser Ausgabe. Als Orientierungspunkt dient das Interesse der Öffentlichkeit und der Leserschaft. Und das ist in diesem Fall extrem hoch. Müßig scheint es, über das Henne-Ei-Prinzip zu diskutieren. Ob das Thema derart nachgefragt wäre, würde dieses nicht in Texten behandelt? Letztlich lohnt es, die Berichterstattung von einer anderen Seite zu betrachten. Diese als Instrument zu sehen, um die Absurdität des professionellen Fußballs zu beleuchten. Um Geschäftsgebaren und Machenschaften einer vollends abgehobenen Branche offenzulegen. 

    Uli Hoeneß verkündete vor ein paar Wochen noch, diesen Irrsinn keineswegs mitmachen zu wollen. Ablösesummen im neunstelligen Bereich – wo käme der FC Bayern denn dahin? Letztlich musste der Münchner Macher sich den Marktgesetzen beugen. Musste sich sogar von den Tottenham-Chefs vorführen lassen und den Bittsteller geben. Den Spielermarkt mit Topstars bestimmen seit Jahren die Engländer mit ihren horrenden Gehältern und Ablösesummen, finanziert von Oligarchen, Investoren, Scheichs und Pay-TV-Sendern. Weil sich die Münchner nicht über den Gewinn einer Meisterschaft und eines DFB-Pokals definieren, sondern ihrem Selbstverständnis ebenso wiederkehrende Triumphe in der Champions League entsprechen, werfen sie Maxime über den Haufen und sprengen interne Gehaltsobergrenzen. 

    Weitsicht und personelle Kreativität gehen nicht daraus hervor, sich für 100 Millionen Euro einen 30-Jährigen zu angeln, dessen Vertrag in einem Jahr ausgelaufen wäre. Treffend dokumentiert der Transfer hingegen die Auswüchse, den Wahnsinn und die fehlende Bodenhaftung, die der europäische Spitzenfußball inzwischen verkörpert.

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