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Kommentar: Warum Olympia in China zur Machtdemonstration wird

Kommentar

Warum Olympia in China zur Machtdemonstration wird

Marco Scheinhof
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    Warum Olympia in China zur Machtdemonstration wird
    Warum Olympia in China zur Machtdemonstration wird Foto: Michael Kappeler, dpa

    Alle vier Jahre treffen sich die Wintersportler zu ihren Olympischen Spielen. Es ist ein Rhythmus, der Olympia zu etwas Besonderem macht. Ein Treffen an immer anderen Orten, von denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Idealfall nicht nur sportliche Erfolge mit nach Hause nehmen. Kulturelle Einblicke, den eigenen Horizont erweitern, auch das ist ein Teil des Fests der Völker. Höher, schneller, weiter – das olympische Motto gilt aber längst nicht mehr nur für die Athleten.

    Das Motto wurde missbraucht. Das zeigen die letzten drei Winterspiele in Sotschi, Pyeongchang und nun Peking. Die Ost-Spiele finden in China einen fulminanten Schlusspunkt, was den Gigantismus betrifft. Es zeigt sich, dass in China ein anderes Verständnis herrscht, was das Präsentieren auf der großen Bühne angeht. Da darf es gerne mal etwas mehr sein, was in Europa stets mit Argwohn beäugt wird. Die Olympischen Spiele werden so zu einer Machtdemonstration der Regierung.

    Chinas Machtdemonstration geht auf Kosten der Umwelt

    Die Chinesen haben keine Kosten gescheut. Sie haben die längste Bobbahn der Welt gebaut, zudem eine Skisprungschanze, die atemberaubend, aber inmitten der braunen Umgebung deplatziert wirkt. Da hilft es wenig, dass sich die Veranstalter Nachhaltigkeit verordnet haben. Dass zum Beispiel das Vogelnest, 2008 bereits für die Sommerspiele genutzt, nun auch Schauplatz der Eröffnungs- und Schlussfeier sein wird.

    Obwohl die Region rund um Peking einer der niederschlagsärmsten in China ist, haben sie ihre Loipen und Pisten perfekt präpariert. Weiße Bänder ziehen sich durch die sonst braune Landschaft, Kunstschnee sei Dank. Schön sieht das vor Ort nicht aus. Die Fernsehbilder, die in die Welt gehen, werden das ausblenden. Sie zeigen perfekte Bedingungen an gigantischen Anlagen. Bleibt die Frage, wie nachhaltig der Gigantismus tatsächlich ist. Was wird aus der Skisprungschanze, aus den Loipen und Pisten?

    Chinas Ziel sei es, mehr als 300 Millionen Einheimische für den Wintersport zu begeistern. Erst kürzlich informierte die Regierung, dass diese Zahl bereits erreicht sei. Für viele Chinesinnen und Chinesen war der Kontakt mit einer Wintersportdisziplin allerdings ein einmaliges Vergnügen. Nachhaltigkeit und Begeisterung sehen anders aus.

    Es ist naiv zu glauben, Olympia wäre nicht politisch

    Die Olympia-Organisatoren und das Internationale Olympische Komitee haben im Vorfeld darauf hingewiesen, die Spiele nicht politisch zu nutzen. Olympia aber ist nicht mehr neutral. Allein die Vergabe nach China ist ein Zeichen; zudem schweigt IOC–Präsident Thomas Bach zu den Themen Verletzung von Menschenrechten und Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Es geht um Verfehlungen, die nicht verhandelbar sind und zu Recht die Frage aufwerfen, ob in einem solchen Land ein Sportgroßereignis stattfinden sollte. Es finden sich wohl wenige, die darauf mit Ja antworten. Auch unter den Sportlern. Nur öffentlich traut sich kaum einer eine Meinung zu.

    Geld regiert den Sport, nicht nur die Olympischen Spiele. Nicht erst die Vergabe nach China zeigt das. Schon die Ausrichtung 2014 in Russland war mit vielen Zweifeln versehen, ebenso die Fußball-Weltmeisterschaft in diesem Winter in Katar.

    Corona ist ein weiterer Faktor, der die Spiele belastet. Es wäre besser gewesen, den Termin um ein Jahr zu verschieben. Im nächsten Winter sollte die Pandemie besser im Griff sein, die Bedingungen wären andere gewesen. Das Internationale Olympische Komitee und die chinesischen Ausrichter aber beharrten auf ihrem Termin. Noch besser wäre es gewesen, die Olympischen Spiele erst gar nicht nach China zu vergeben. Die Alternative wäre allerdings Kasachstan gewesen. Auch nicht unbedingt besser.

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