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Kommentar: So verheizen Verbände und Ligen die Spieler

Kommentar

So verheizen Verbände und Ligen die Spieler

Florian Eisele
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    Joachim Löw schlug bereits Alarm und sagte, dass seine Spieler schon jetzt "auf dem Zahnfleisch" gehen würden.
    Joachim Löw schlug bereits Alarm und sagte, dass seine Spieler schon jetzt "auf dem Zahnfleisch" gehen würden. Foto: Patrick Seeger, dpa

    Wer in den vergangenen Wochen und Monaten Fußballspiele im TV vermisst hat, kann sich bald nicht mehr beklagen: Wenn in der kommenden Woche die erste Runde des DFB-Pokals ausgetragen wird, ist das der Start zu einer Saison, deren Terminkalender aus allen Nähten zu platzen droht: DFB-Pokal, Bundesliga, Europapokal und Länderspiele drücken ins Programm.

    Gespielt wird fast jede Woche zweimal, sogar am Tag vor Heiligabend rollt der Ball. Eine Winterpause gibt es nicht: Schon am 2. Januar startet die Liga mit dem 14. Spieltag. Die EM beginnt zehn Tage nach dem Bundesliga-Finale.

    Mit dem Mammutprogramm wollen Vereine und Verbände aufholen, was in der Corona-Pause liegen geblieben ist. Die Belastung für die Spieler ist enorm: Wie die ARD-Sportschau im August vorgerechnet hat, kann Joshua Kimmich, der sowohl bei den Bayern als auch bei der Nationalmannschaft immer gefragt ist, innerhalb eines Jahres auf 70 Pflichtspiele kommen. Dass ihm zumindest zwei Länderspiele erspart bleiben, weil Löw ihn nun beim Start der Nations League schonte, ist ein schwacher Trost.

    Schon 2014 sagte Pep Guardiola: "Wir killen die Spieler"

    Wohlgemerkt: Niemand muss Mitleid mit Fußballern haben, die für die Ausübung ihres Berufs mehr als fürstlich bezahlt werden. Dass die Belastung aber zu hoch ist – darüber besteht in der Branche seit Jahren Einigkeit. Schon zu seiner Zeit beim FC Bayern sagte Pep Guardiola: „Wir killen die Spieler. Wir verlangen zu viel von ihnen.“

    Das war 2014. Die Schlagzahl ist seitdem sogar noch erhöht worden. Und die Kader der meisten Vereine sind wegen der Corona-Sparzwänge noch ausgedünnt worden. Es ist bezeichnend, wenn Joachim Löw nun konstatiert, dass einige seiner Spieler schon jetzt „auf dem Zahnfleisch“ gehen und Alarm schlägt.

    Dass er vom Anfang November angesetzten Freundschaftsspiel gegen Tschechien wenig begeistert ist, ließ Löw durchblicken. Doch weder sein Arbeitgeber, der DFB, noch Vereine oder Ligen wollen ernsthaft etwas am Status quo ändern. Schließlich geht es um sehr viel Geld.

    Schneller-Höher-Weiter lautet das Prinzip - auch in der Bundesliga

    Über den sportlichen Wert einer Partie in der Nations League, zu der einige Spieler direkt aus dem Urlaub reisen, lässt sich trefflich streiten – über ihre wirtschaftliche Bedeutung nicht. Mehr als einmal betonte der DFB im Vorfeld, auf die Einnahmen aus Länderspielen angewiesen zu sein.

    Ähnlich sieht es bei der Bundesliga aus: Wie DFL-Chef Seifert während der Corona-Pause sagte, ist ein Spieltag in der Bundesliga 30 Millionen Euro wert. Solange weder Verbände noch Vereine bereit sind, zurückzustecken, wird sich der Druck immer weiter verstärken. Wer dachte, dass nach Corona ein Umdenken stattfindet, eine Abkehr vom Schneller-Höher-Weiter-Prinzip kommt, sieht sich getäuscht.

    Über allem schwebt ein Szenario wie ein Damoklesschwert: Sorgt die Corona-Pandemie für eine zweite Zwangspause? In diesem Fall hätte die Welt andere Probleme als einen vollen Fußballkalender.

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