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Kommentar: Selbst im Moment des Erfolgs gibt der FC Bayern ein trauriges Bild ab

Kommentar

Selbst im Moment des Erfolgs gibt der FC Bayern ein trauriges Bild ab

Florian Eisele
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    Der FC Bayern trennt sich von Hasan Salihamidzic (Mitte) und Oliver Kahn (rechts). Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen (links) soll Kahn folgen.
    Der FC Bayern trennt sich von Hasan Salihamidzic (Mitte) und Oliver Kahn (rechts). Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen (links) soll Kahn folgen. Foto: Tom Weller, dpa

    Was war das für ein Foto-Finish: In einem der packendsten Finals der Bundesliga hat sich der FC Bayern doch noch den Meistertitel geholt, dank eines Tors von Jamal Musiala kurz vor Schluss und eines verschossenen Elfmeters der Dortmunder, die gegen Mainz nicht über ein Unentschieden hinaus kamen. Am Ende entschied die Tordifferenz über den Titel. Das sollte, nein: das muss Stoff für eine rauschende Feier nach Schlusspfiff sein. Und dennoch dominierten beim FC Bayern schon in den Minuten nach dem Spielende mal wieder andere Themen. Der Verein gab die Trennung von Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic bekannt. Der eigentlich scheidende Stellvertreter Kahns, Jan-Christian Dreesen, wird neuer Vorstandsvorsitzender. Über die Nachfolge von Salihamidzic soll noch entschieden werden.

    Oliver Kahn, der die Reise nach Köln nicht angetreten hatte, meldete sich via Twitter zu Wort und gratulierte der Mannschaft zum Titel: "Ich bin unheimlich stolz auf euch und diese Leistung! Ich würde gerne mit euch mitfeiern, aber leider kann ich heute nicht bei euch sein, weil es mir untersagt wurde." Später änderte Kahn noch ab: "...weil es mir vom Club untersagt wurde". Bayern-Präsident Herbert Hainer sagte, dass das Gespräch mit Kahn "sehr emotional" verlaufen sei. Man wollte die Personalie "mit Respekt und Anstand" lösen, mit dem Ex-Torhüter seien die Unterredungen aber nicht so einvernehmlich gelaufen wie mit Salihamidzic. Kahn widersprach dieser Darstellung, ebenfalls wie

    In der Talk-Sendung Sky90 hatte der geschasste Bayern-Chef noch nachgelegt: "Das war der schlimmste Tag meines Lebens, es mir zu nehmen, mit den Jungs zu feiern." Wie sich später herausstellte, war der Aufsichtsrat der Bayern außerplanmäßig am Freitag zusammengekommen, um das Aus der beiden zu beschließen.

    Tuchel über Kahn und Salihamidzic: "Sie haben mich dazu überredet"

    Der FC Bayern gibt damit in der Minute des Erfolgs erneut ein jämmerliches Bild ab. Dass man beim FC Bayern zum Schluss kommen kann, sich vom bisherigen Führungsduo zu trennen, ist nachvollziehbar – aber in dieser Form, zu diesem Zeitpunkt? Thomas Tuchel, der seinen ersten deutschen Meistertitel feierte, rang am Mikrofon von Sky zuerst mit sich, wollte die Umstände zunächst nicht kommentieren – und tat es dann doch. "Es passt zu dieser Saison: Statt zu feiern, haben wir das nächste politische Thema."

    Seit Freitagnachmittag habe er davon gewusst, dass das Ende von Kahn und Salihamidzic beschlossene Sache sei. Die beiden waren seine vornehmlichen Ansprechpartner, seien der Grund dafür gewesen, dass er den Vertrag beim FC Bayern unterschrieben habe, dass er und seine Co-Trainer samt Familien hierhergekommen seien. "Sie haben mich dazu überredet", sagte Tuchel – und fast wirkte es so, als ob er diese Entscheidung ausgerechnet jetzt, im Moment des Erfolgs, bereut.

    Nach Aus für Kahn und Salihamidzic: Welche Zukunft hat Tuchel?

    Sky-Experte Dietmar Hamann warf angesichts der Aussagen Tuchels die Frage auf, ob auch der Trainer seine Schlüsse aus diesen Vorfällen ziehen und von sich aus Abschied nehmen könnte. Tuchels Aussagen klangen nicht danach, als ob er seine langfristige Zukunft in München sieht: Zwar müsse er, vor allem nach den jetzigen Entscheidungen, "da sein, muss Verantwortung übernehmen, muss meine Meinung sagen, muss drüber nachdenken". Aber wie es weitergeht? "Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil ich nicht weiß, wie es genau inhaltlich weitergeht. Aber klar ist, dass ich erst mal da bin."

    Bayerns Thomas Müller jubelt mit der Meisterschale in Köln. Die Überraschung über das Aus von Kahn und Salihamidzic war ihm im Interview anzusehen.
    Bayerns Thomas Müller jubelt mit der Meisterschale in Köln. Die Überraschung über das Aus von Kahn und Salihamidzic war ihm im Interview anzusehen. Foto: Marius Becker, dpa

    Treffend wie immer fasste Thomas Müller direkt nach Spielende zusammen, was sich zugetragen hatte: Dass der FC Bayern wieder, zum elften Mal in Folge, deutscher Meister sei und der BVB nun in die Röhre sehen müsse – das müsse und werde nicht jedem gefallen. "Alle haben unterschwellig das Gefühl, dass wir es nicht verdient haben, das verstehe ich auch."

    Letztlich wird das dem FC Bayern egal sein, bei dem Titel zum Selbstverständnis gehören. Dass aber die Personalien mit Kahn und Salihamidzic sofort nach Schlusspfiff ans Tageslicht kamen, das überraschte auch Müller. Seine Reaktion dürfte noch oft zitiert werden, steht sinnbildlich für den katastrophalen Umgang des Vereins und fasst in wenigen Worten alles zusammen: "Das kommt jetzt, eine Minute nach Abpfiff?" Ja, das kam eine Minute nach Abpfiff. Glückwunsch zur Meisterschaft.

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