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Pariser Glanz und deutsche Träume: Was von Olympia bleibt

Kommentar

Pariser Glanz und deutsche Träume: Was von Olympia bleibt

Andreas Kornes
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    Noch bis Sonntagabend brennt das olympische Feuer über Paris.
    Noch bis Sonntagabend brennt das olympische Feuer über Paris. Foto: Geoffroy Van Der Hasselt, dpa

    Was bleibt von diesen Olympischen Spielen in Paris? Vor allem natürlich die fantastischen Bilder der Wettkampfstätten, spektakulär eingebettet in das Ambiente dieser wunderbaren Weltstadt an der Seine. Aber kein Glanz ohne Schattenseite. Denn an einigen Stellen musste man den Eindruck gewinnen, diese Bilder seien wichtiger als das, was die Athletinnen und Athleten benötigen.

    Schwimmen in der Seine kann nur die Idee eines Marketingstrategen gewesen sein, denn sportlich war es mindestens fragwürdig, was sich da abspielte. Das Wasser voller Bakterien, dazu eine starke Strömung. Oder das Olympische Dorf: visionär geplant, musste es mit Klimaanlagen nachgerüstet werden und war bald ein Umschlagplatz für Corona-Viren. Viele flüchteten in Hotels.

    Die Olympischen Spiele in Paris lieferten eindrucksvolle Bilder

    Um fair zu bleiben: An den meisten Stellen ging das Konzept der Organisatoren auf. Allein die Beachvolleyball-Arena direkt vor dem Eiffelturm war einen Paris-Besuch wert. Zum positiven Gesamteindruck trugen die Franzosen selbst am meisten bei. Ob Bogenschießen, Judo, Synchronschwimmen oder Leichtathletik, ob Handball, Basketball oder Hockey – überall waren die Tribünen voll mit gut gelaunten Menschen. Darunter auch viele aus den europäischen Nachbarländern, allen voran Deutschland, aus den USA und Australien. Olympia war das Fest, das Menschen aller Nationalitäten zusammenbrachte. Umso mehr, als Tokio vor drei Jahren unter Coronabedingungen zum traurigen Gegenentwurf geworden war.

    Sportlich hat sich der Zweikampf der Supermächte USA und China an der Spitze des Medaillenspiegels manifestiert. Der Rest der Sportwelt folgt mit einigem Abstand. Deutschland wird sein Minimalziel voraussichtlich erreichen und gerade so unter den zehn besten Nationen landen. Damit bestätigt sich der stetige Abwärtstrend der vergangenen Jahrzehnte. Der deutsche Spitzensport ist international auf dem absteigenden Ast, allen Leistungssportreformen und kompliziert berechneten Verteilungsmodellen der Steuermillionen zum Trotz.

    Die Gründe sind ganz offensichtlich struktureller Natur. Die Top-Nationen gehen andere und höchst unterschiedliche Wege zum Erfolg. In Amerika ist vor allem das College-System die Grundlage. Nirgendwo sonst lassen sich Leistungssport und Ausbildung so perfekt miteinander vereinbaren. China wiederum verfolgt seine Pläne ohne Rücksicht auf den Einzelnen. Deutschland macht (leider) weder das eine, noch (zum Glück) das andere.

    Teil der chinesischen Sportstrategie ist nach Meinung vieler Experten auch ein staatliches Dopingprogramm. Dieses Thema spielte in Paris vor allem anfangs eine Rolle, als die chinesischen Schwimmer unter Generalverdacht an den Start gingen. Wider Erwarten schwammen sie dann meistens hinterher. Gleichzeitig stellte aber ausgerechnet der Chinese Pan Zhanle über 100 Meter Freistil den wahrscheinlich unwahrscheinlichsten Weltrekord dieser Spiele auf. Kaum zu glauben.

    Gleiches gilt für die deutschen Pläne, sich mal wieder um Olympische Spiele zu bewerben. Inzwischen steht auch die Bundesregierung hinter diesem Vorhaben. Siebenmal scheiterten derartige Bemühungen schon seit 1986, was zu der Erkenntnis führt, dass es dem Internationalen Olympischen Komitee herzlich egal ist, was die Deutschen wollen. Wie Entscheidungen im IOC unter dessen Präsidenten Thomas Bach getroffen werden, ist komplett intransparent, um es vorsichtig zu formulieren. Es geht um Macht, Einfluss und Geld. Tolle Konzepte spielen da nur eine untergeordnete Rolle. Umso schöner, wenn es trotzdem ein solches gibt. So wie in Paris.

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    8 Kommentare
    Helmut Eimiller

    „Deutschland wird sein Minimalziel voraussichtlich erreichen und gerade so unter den zehn besten Nationen landen.“ Wer zu gebannt auf den Medaillenspiegel achtet, dem entgeht vielleicht Kritikwürdigeres. Die NZZ schrieb gestern z. B. vom „Schwefelgeruch des Dopings“. (Als im Tennisfinale Alcaraz zu seinem eigenen Nachteil den Stuhlschiedsrichter korrigierte, hat mich diese Geste stark beeindruckt. Vermutlich mehr als wenn Zverev seinen Olympiasieg von Tokio wiederholt hätte.)

    Rainer Kraus

    Passt doch: Wirtschaft notleidend, Kultur ausgedünnt, Leistungsfähigkeit reduziert, Olympia an 10. Stelle.

    Otto Albrecht

    Deutschland steht doch besser da als China oder die USA. Pro Kopf der Bevölkerung haben wir doch mehr Gold als diese zwei. Wer kann denn mehr erwarten?

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    Helmut Eimiller

    Herr Albrecht, wir in Nordschwaben verstehen uns ja häufig ohne viel Worte. Hier ist mir aber nicht klar, ob sich Ihr Kommentar auf die Goldreserven der Bundesbank bezieht oder auf Olympisches Gold. Für den Fall, dass Sie das Goldvermögen der Bundesbank meinen, möchte ich darauf hinweisen, dass es die vergangene wirtschaftliche Stärke abbildet (siehe Entwicklung dieser Bilanzposition gemessen in Tonnen). Und was beim Blick auf die Bundesbankbilanz 2023 heraussticht, ist der TARGET-Saldo in schwindelerregender Höhe von 1 093 371 Mio. €, nachgewiesen unter 9.4 „Sonstige Forderungen“. Sollten Abschreibungen auf diese Bilanzposition erforderlich werden, helfen die Goldreserven auch nicht mehr. Wenn Sie aber Olympiagold gemeint haben, dann steht Deutschland noch besser da, wenn Sie als Basis nicht nur China und die USA, sondern die gesamte Weltbevölkerung heranziehen, auch wenn die Sportarten in großen Teilen dieser Welt gar nicht betrieben werden (vgl. Afrika und Pferdesport).

    Otto Albrecht

    Danke für diesen echten Unsinn.

    Wolfgang Leonhard

    1936 gab's 89 Medaillen. Mir ist das Deutschland von heute lieber.

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    Helmut Eimiller

    Herr Leonhard, was genau hat Ihnen 1936 denn nicht gefallen. (Ich habe 1936 zwar noch nicht gelebt, aber vermutlich waren damals die Eintrittskarten günstiger. - diesbezüglich habe ich gerade einen kicker-Artikel gelesen, in dem berichtet wurde, dass sogar die Angehörigen von Athleten abgezockt wurden.)

    Otto Albrecht

    ”was genau hat Ihnen 1936 denn nicht gefallen” ... dass damals die Olympischen Spiele schon für schamlose Reklame für ein Verbrecheregime missbraucht wurden. Das passiert allerdings auch in der jüngeren Vergangenheit noch - andere Verbrecher haben es sich abgeschaut. Leider machen wir immer noch mit.

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