Für viele Sportlerinnen und Sportler sind sie das Größte: Olympische Spiele. Ein Höhepunkt in vielen Karrieren, auf die die Profis hintrainieren, eine Chance, die nicht selten einmalig ist. Wenn sie genommen wird, ist der Frust groß. Ein zerstörter Lebenstraum. Unverschuldet.
Doch genau das könnte nun russischen Sportlerinnen und Sportler passieren: Dass sie von Olympia 2024 ausgeschlossen werden. Es wäre nur nachvollziehbar, würde das Internationale Olympische Komitee (IOC) diese Entscheidung treffen. Ihr Heimatland führt einen brutalen Angriffskrieg in der Ukraine. Allerdings wird das IOC unter Führung von Thomas Bach wohl anders entscheiden. Bach hatte schon vor wenigen Tagen bei der Rodel-WM in Oberhof anklingen lassen, dass er gewillt sei, den russischen Sportlerinnen und Sportlern eine Brücke zu bauen. Dafür spricht auch, dass das Verhältnis zwischen Bach und Russlands Präsident Wladimir Putin recht ungetrübt sein soll. Olympia also ja, aber unter neutraler Flagge. Immerhin das. So wie zuletzt bei den Olympischen Winterspielen in China, als Russland wegen Dopingvergehen gesperrt war.
Olympia findet dort statt, wo das meiste Geld fließt
Experten erwarten diese Vorgehensweise des IOC. Weil es zu eben genau diesem Verband passen würde, der bei der Vergabe der vergangenen Olympischen Spiele auf die politische Großwetterlage überhaupt nicht geachtet hat. Wo das meiste Geld zu verdienen ist, dort gastiert der Olympia-Zirkus. Und wenn es dabei eben erforderlich ist, Chinas Menschenrechtsverletzungen zu ignorieren – bitte. Oder wenn - wie 2014 in Russland - Winterspiele in einem Badeort wie Sotschi stattfinden sollen, kein Problem. Werden eben ganze Wälder abgeholzt und die Natur zerstört.
Bach argumentiert in diesen Tagen mit dem Sport als Brückenbauer. Er missachtet dabei aber, dass Russland keine Brücken will. Dass Russland bereit ist, ein Land zu zerstören. Natürlich tragen die meisten russischen Sportlerinnen und Sportler keine Schuld an diesem Krieg. Sie dennoch an internationalen Wettbewerben teilnehmen zu lassen, ist das falsche Signal. Vor allem in Richtung Ukraine.
Auch deren Athletinnen und Athleten wären im kommenden Jahr gerne in Paris dabei. Viele von ihnen aber kämpfen entweder an der Front oder können nicht trainieren, weil Sportanlagen zerstört sind. Ihnen wäre es nur schwer zu vermitteln, wenn sie in einem sportlichen Wettkampf ausgerechnet gegen Russen antreten müssten. Kein Wunder also, dass ukrainische Politiker schon von einem eventuellen Olympia-Boykott sprechen, sollten die Athleten des feindlichen Nachbarn in Frankreich dabei sein.
Bühne des Sports darf Despoten nicht geboten werden
Die Lage scheint verzwickt. Aber es gibt nur eine vernünftige Lösung. Wie momentan etwa schon beim Biathlon sollten die russischen Athletinnen und Athleten ausgeschlossen werden. Es wäre das richtige Zeichen in kriegerischen Zeiten. Sport wird in Russland gerne als Staatspropaganda genutzt. Er soll die Stärke des Landes zeigen. Besonders deutlich bei den Winterspielen 2014 in Sotschi zu sehen, als selbst vor flächendeckendem Doping nicht zurückgeschreckt wurde, um Erfolge zu ermöglichen. Die Bühne des Sports darf Despoten wie Putin nicht geboten werden. So schlimm und niederschmetternd das für die einzelnen Sportlerinnen und Sportler auch sein mag. Ihr Heimatland aber zerstört derzeit weit mehr als nur einen sportlichen Lebenstraum.