Packende Zweikämpfe, wuchtige Würfe, erstaunliche Abwehraktionen. Alles hautnah. Handballfans in der Halle schätzen es, den Spielern im Wortsinn auf die Finger zu schauen. Durchaus von Vorteil in dieser rasanten Sportart, in der zwischen dem Treffer auf der einen und dem Treffer auf der gegenüberliegenden Seite teils lediglich ein paar Sekunden liegen. Doch darum – so der gemeine Eindruck – ging es beim EM-Auftakt in Düsseldorf nicht. Im Streben nach Gigantismus und der größtmöglichen Aufmerksamkeit stellten die Organisatoren einen Weltrekord auf. 53.586 Fans – so viele wie nie zuvor bevölkerten die Ränge eines Fußballstadions, das für einen Tag den Handball beheimatete. Der Aufwand immens. Drei Beispiele: 25 Kilometer Kabel, 25.000 Hammerschläge und 9.000 Extrasitze waren nötig. Man könnte auch sagen: unnötig.
Große Events, immer noch größere Hallen: Ist das sinnvoll?
Denn einmal mehr stellt sich die Frage, ob dieser ganze Irrsinn eigentlich Sinn ergibt. Ob es nicht bedeutend einleuchtender gewesen wäre, in einer der weniger gigantisch aber immer noch riesigen Hallen zu spielen, in denen das Turnier nun fortgesetzt wird. Weil die Bahn streikte, reiste das Gros der Fans aus ganz Deutschland mit dem Auto an; die Halle wurde mithilfe von Heizstrahlern auf eine Temperatur gebracht, die die Handballer ihren Sport ausüben ließ. Nebeneffekt: Die warme Luft unterm Dach sorgte teils für bis zu 40 Grad. Fans auf den obersten Rängen schwitzten also und sahen wenig. In Katar musste eine Fußball-WM im Winter stattfinden, dort wurden die Spielstätten auf 20 Grad heruntergekühlt. Wie verträgt sich das alles mit dem Vorhaben der großen Sportverbände, nachhaltiger und klimafreundlicher zu handeln?
Wer am Mittwoch in der Arena dabei war, wer sich von der eindrucksvollen Stimmung berauschen ließ und erste EM-Euphorie entfachte, wird dies als Nörgelei abtun. Den Spaß lasse man sich von Miesepetern und Umweltkriegern schließlich nicht verderben. Man war bei einem Weltrekord zugegen, ist das nicht toll?
In der Rückschau werden die Fans womöglich ein anderes Bild bekommen. Dass sie beseelt die Arena verließen, bedingte sich vor allem im grandiosen Auftritt der deutschen Mannschaft. Mit den ersten Würfen rückte das Drumherum in den Hintergrund. Da zählte, was auf dem Feld passiert. Davon jedoch bekamen nicht alle etwas mit, weil sie Hunderte Meter oder ein schlechter Blickwinkel vom Geschehen trennte. Ihre nächsten Spiele wird die deutsche Mannschaft in gewohnter Umgebung bestreiten. Und es ist keine gewagte These, dass die Stimmung dort mindestens so ansteckend sein wird wie in Düsseldorf. Sollte das deutsche Team die Erwartungen erfüllen oder weiterhin übertreffen, wird sie sogar noch viel besser sein.