Die Hoffnungen des FC Bayern dürften groß gewesen sein, dass mit dieser Entscheidung und dieser Stellungnahme Ruhe einkehrt im Fall Noussair Mazraoui. Am Freitag hatte der deutsche Rekordmeister bekannt gegeben, dass der marokkanische Nationalspieler Mitglied des Kaders des FC Bayern bleibt – trotz seines pro-palästinensischen Posts auf Instagram. Mittlerweile ist klar: Das Thema wird den deutschen Vorzeigeklub noch eine Weile erhalten bleiben, eine Auflösung ist deutlich schwieriger als die Kaderplanung des FCB.
Zur Erinnerung: Mazraoui hatte ein Video geteilt, in dem eine Stimme zu hören ist: "Gott, hilf unseren unterdrückten Brüdern in Palästina, damit sie den Sieg erringen." Der 25-Jährige ist nicht der einzige Profi eines Bundesligisten, der mit einem Statement dieser Art für Aufsehen gesorgt hat. Weil er ein Spieler des FC Bayern ist, ist sein Fall aber der prominenteste. Und er offenbart, wie schwer sich der Profi-Fußball – aber nicht nur der – mit diesem komplizierten Konflikt tut.
Der FC Bayern hat eine besondere Beziehung zu Israel und dem Judentum
In der Stellungnahme des FC Bayern war zu lesen, Mazraoui bedauere die "Irritationen" und verurteile "jede Art des Terrorismus und jede Terrororganisation". Im Verein gibt eine starke jüdische Geschichte, der aktuelle Ersatztorwart Daniel Peretz ist Israeli. Das darf aber eigentlich keine Rolle spielen bei einem Verein, der sich oft auf seine Werte beruft. Dem Statement vorausgegangen waren Telefonate mit Islamwissenschaftlern, Mazraoui und dem Zentralrat der Juden. Das Bemühen, allen Parteien gerecht zu werden, ist erkennbar - und hat doch nicht geklappt.
Der Zentralrat der Juden hatte am Freitag noch das Verhalten des Vereins "für angemessen" erachtet, das des Profis hingegen für unzureichend. Mazraoui sei seiner Vorbildfunktion nicht gerecht geworden, habe jegliche Reue vermissen lassen. In der Tat wirkt es nur halbgar, wenn der 25-Jährige für mögliche Irritationen und nicht für seine Aktionen um Verzeihung bittet.
Makkabi-Präsident Alon Meyer kritisiert den FC Bayern scharf
Über das Wochenende schwoll die Entrüstung über den FC Bayern an – und wurde am deutlichsten in Person von Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland. Der kritisierte im ZDF das Verhalten des deutschen Rekordmeisters als "absolut indiskutabel und inakzeptabel". Dass der FC Bayern es vermissen habe lassen, ein Zeichen zu setzen, ergebe einen "Schaden für den FC Bayern, für die Bundesliga und für unsere Gesellschaft". Am Montag meldete sich Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden, erneut zu Wort und forderte vom FC Bayern "harte Konsequenzen" für Mazroaui. Auch für ihn war es offenbar nicht leicht, eine Linie zu finden.
Aber welche Strafe ist denn angemessen? Eine Geldbuße wäre der völlig falsche Weg und käme einer Bagatellisierung der Greueltaten gleich. Ein Rauswurf? Mainz 05 suspendierte seinen Profi Anwar El Ghazi – doch die beiden Fälle sind nur schwer zu vergleichen. El Ghazi postete einen Slogan der Hamas, der die Auslöschung Israels impliziert. Zudem ließ der Niederländer nach einem Gespräch offenbar jegliche Reue vermissen.
Fraglich ist auch, inwiefern es für Mazraoui überhaupt möglich ist, eine angemessene Reue zu zeigen ohne selbst in der arabischen Gemeinschaft Konsequenzen befürchten zu müssen. Alon Meyer, der Präsident von Maccabi, zeigte sich hier unnachgiebig: Dieser Aspekt sei ihm egal, denn Mazraoui habe auch die Werte jüdischen Lebens ohne Rücksicht angegriffen. Das ist nachvollziehbar – macht die Lösung dieses Konflikts aber nochmals schwieriger.