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Kommentar: Infantinos skurriler Auftritt: Besser eine Doppelmoral als gar keine Moral

Kommentar

Infantinos skurriler Auftritt: Besser eine Doppelmoral als gar keine Moral

Tilmann Mehl
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    Fifa-Boss Gianni Infantino hat den Fußball seiner sozialen Wirkfähigkeit beraubt.
    Fifa-Boss Gianni Infantino hat den Fußball seiner sozialen Wirkfähigkeit beraubt. Foto: Tom Weller, dpa

    Der Profi-Fußball ist eben nicht nur einfach unschuldiger Sport. Auch wenn ihn Gianni Infantino gerne als solchen verkauft. Profi-Fußball ist ein Geschäft. Eines, das die Fifa in den vergangenen Jahrzehnten gnadenlos vorangetrieben hat und auf Profit-Maximierung ausgelegt hat. Infantino hat sich und seinen Verband während der jetzt schon legendären Pressekonferenz dafür gerühmt, dass man den Gewinn bei dieser WM im Vergleich zur vergangenen Weltmeisterschaft um 600 Millionen Dollar steigern werde, Übertragungsrechten und Sponsorenzahlungen sei Dank.

    Wenn nun die Fußball-Familie also für einen Monat in Katar gastiert, tut sie das nicht, weil sie diesem wundervollen Sport in der arabischen Welt die größtmögliche Bühne geben will, auf dass in den kommenden Jahren viele Buben und Mädchen in aus persönlicher Gier einiger der Wahlmänner und Gewinnstreben des Verbandes an Katar vergeben. Infantino war damals noch nicht im Amt. Umso leichter müsste es ihm fallen, auf Distanz zu dem Irrsinn zu gehen, der dieses Turnier bedeutet. Infantino macht das Gegenteil. Macht sich gemein mit einer Regierung, die offen und ohne Scham Menschenrechte missachtet.

    Infantino kauft sich die Zuneigung der Verbände

    Dass Infantino nun ausgerechnet die "westliche Welt" für ihre Kritik an den Umständen der WM der Doppelmoral bezichtigt, ist lächerlich. Der Fifa-Boss ist ein Lobbyist der katarischen Herrscherfamilie. Er versucht es nicht einmal zu verbergen. Dass die Katarer kurzfristig verboten, Bier im Stadion zu verkaufen, stellte Infantino als gemeinsame Entscheidung von Organisationskomitee und Fifa dar. Dabei hat sich der Verband schlicht dem Gastgeber ausgeliefert.

    Profi-Fußball könnte tatsächlich in Gesellschaften hineinwirken. Er kann Vorbild sein. Doch Infantino hat ihn eines Teils seiner sozialen Wirkung beraubt.

    Ihm geht es einzig um Machterhalt. So wie er sich von den europäischen Verbänden abwendet, neigt er sich den afrikanischen und asiatischen entgegen und kauft sich ihre Stimmen durch Versprechen und milde Gaben. Infantino wird im März wiedergewählt werden, er geht dann in seine dritte und letzte Amtszeit. Als ein Mann, der Doppelmoral und Scheinheiligkeit kritisiert. Aber besser Doppelmoral als gar keine Moral.

    Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.

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