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Kommentar: Handspiel? Ja, nein, vielleicht? Eine klare Linie fehlt

Kommentar

Handspiel? Ja, nein, vielleicht? Eine klare Linie fehlt

Johannes Graf
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    Handspiel? Man weiß es nicht. Selbst nach Studium der Videobilder ist die Sache oft nicht eindeutig.
    Handspiel? Man weiß es nicht. Selbst nach Studium der Videobilder ist die Sache oft nicht eindeutig. Foto: Joerg Halisch

    Mit Lego- oder Playmobilfiguren lässt sich das ziemlich einfach bewerkstelligen. Arm ab – und wieder an. Bedeutend schwieriger wird die Sache, so Menschen sich ihrer Gliedmaßen erst entledigen und wenig später wieder bereichern wollen. Plastik ist da wesentlich praktikabler als Fleisch und Knochen. Fußballprofis behelfen sich, indem sie im Strafraum die Haltung eines keinarmigen Banditen einnehmen und Hände sowie Arme hinter dem Rücken verstecken. Das sieht albern aus, hat aber einen ernsten Hintergrund. Denn tunlichst vermeiden möchte der Kicker, dass der Ball überhaupt in die Nähe der Hand gelangt. Stets droht die Gefahr einer strafbaren Berührung. 

    Keine andere Regel stiftet seit Jahren derartige Verwirrung wie jene zum Handspiel. Wiederholt hat das International Football Association Board (IFAB) die Vorgaben angepasst. Doch in der Absicht, das eine Problem zu lösen, erzeugte es andere. Zusätzlich verkompliziert hat das Prozedere der Entscheidungsfindung der Videoschiedsrichter. Was in Realgeschwindigkeit als natürliche Bewegung wahrgenommen wird, lässt sich in der zwanzigsten Super-Super-Zeitlupe als gewollte Abwehraktion interpretieren. Kaum ein Wochenende vergeht also, an dem nicht über das leidige Thema diskutiert wird. Regelmäßig fällt dabei der Satz: "Ich weiß eigentlich gar nicht mehr, wann Hand gepfiffen wird. Und wann nicht." 

    Im Fußball gilt es stets, ein Handspiel zu vermeiden

    Klar formuliert ist grundsätzlich, was zu einem direkten Freistoß nach Handberührung führt: Absicht, Vergrößerung der Körperfläche und Tor. Wird ein Treffer mit der Hand vorbereitet oder erzielt, ist er regelwidrig. Zumindest hier besteht Eindeutigkeit. Klar ist darüber hinaus, dass nichts klar ist. Denn die Schiedsrichter lassen eine nachvollziehbare Linie vermissen, vieles wirkt willkürlich, ihr Ermessensspielraum scheint riesig. 

    Deshalb: Weniger ist mehr. Absicht sollte das wichtigste Kriterium bleiben. Wird der Ball gezielt mit der Hand oder dem Arm geführt oder berührt – strafwürdig. Wird mit der Hand ein Tor oder Torschuss verhindert – strafwürdig. Wird mit der Hand ein Tor erzielt oder vorbereitet – strafwürdig. Alles andere kann eigentlich weg. Eine Vergrößerung der Körperfläche kann sich aus einer natürlichen Bewegung ergeben; Profispieler können den Ball aus kurzer Distanz an die Hand lupfen; wer sich im Fallen auf die Hand stützt, beabsichtigt nicht unbedingt den Ball abzuwehren; und: für einen Sprung braucht man Schwung.

    Den Fußball hat stets seine Einfachheit ausgezeichnet. In puncto Handspielregel ist er inzwischen ins Gegenteil abgedriftet. 

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