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Kommentar: Die Frauen-Nationalmannschaft ist auch in der Bringschuld

Kommentar

Die Frauen-Nationalmannschaft ist auch in der Bringschuld

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    Die Fußball-Nationalmannschaft der Frauen ist eine Favoritin im Kampf um den WM-Titel. Um den Pokal nach Hause zu holen, muss sie nun Leistung zeigen.
    Die Fußball-Nationalmannschaft der Frauen ist eine Favoritin im Kampf um den WM-Titel. Um den Pokal nach Hause zu holen, muss sie nun Leistung zeigen. Foto: Eibner-pressefoto/memmler

    Die deutschen Fußballerinnen haben natürlich gestaunt. Einen aus dem Meer springenden Wal aus nächster Nähe zu sehen, erleben nicht viele Menschen. Die Abwehrspielerin Sophia Kleinherne hat nun ausdrücklich betont, welches Hochgefühl von der „Once-in-a-Lifetime“-Erfahrung in der Bucht von Sydney ausging. Jede habe ein Grinsen im Gesicht gehabt. Diese Abwechslung sei den Nationalspielerinnen ausdrücklich gegönnt, doch es wird Zeit, dass es bald eine Gegenleistung für solche Annehmlichkeiten gibt. Kapitänin Alexandra Popp hat ja Recht, dass ihr viel zu viel von der Stimmung und der EM in England geredet werde. Die Erfolgsstory bei der WM in Australien fortzuschreiben, wird kein Selbstläufer, sondern eine Herausforderung.

    Aktuell steht das deutsche Frauen-Nationalteam in der Fifa-Weltrangliste auf Platz zwei hinter Rekordweltmeister USA, der bei den beiden letzten Turnieren mit hohem Engagement und viel Empathie reüssierte. Deutschland schied vor vier Jahren in Frankreich – dem ersten Turnier unter Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg – im Viertelfinale aus, als umstrittene Personalentscheidungen zur Verwirrung gegen Schweden beitrugen. Davor bei einer WM auf Kunstrasen in Kanada war der vierte Platz unter Silvia Neid auch nicht das, was sich alle vorgestellt haben.

    Kampf um den WM-Titel: Der dritte Stern soll her

    Trotzdem soll jetzt gefälligst der dritte Stern her. Hinterlegt in einer Kampagne, wie stolz Popp und Co. seien, für ihr Land spielen. Das sind andere aber auch. Man nehme 2023 nur die Eishockeyspieler, die U21-Handballer oder die U17-Junioren des Deutschen Fußball-Bundes. Nicht alle bei den DFB-Frauen scheinen in diesem Länderspieljahr den Ernst der Lage verstanden zu haben, sonst hätten man sich im Härtetest gegen Brasilien (1:2) nicht so sehr den Schneid abkaufen lassen, hätte es den Schock gegen Sambia (2:3) nicht gegeben. Immer wieder wird die Belastung gesteuert, aber sie müssen nun definitiv über die Belastungsgrenze gehen.

    Fünf Länderspiele in Folge verliefen zäh, ja ernüchternd. Die Bundestrainerin hat zu viel Rücksicht auf die Topklubs VfL Wolfsburg und FC Bayern genommen, wobei der Meister aus München zum Dank seine Spielerinnen nicht rechtzeitig fürs Trainingslager abstellte. Ein Unding. Dennoch darf die Gruppe mit Marokko (24. Juli), Kolumbien (30. Juli) und Südkorea (3. August) kein Stolperstein sein. Doch im Achtelfinale, wenn es gegen Frankreich oder Brasilien gehen könnte, wartet eine hohe Hürde.

    Die Sehnsucht nach einer erfolgreichen Fußballmannschaft ist groß

    Nur wenn diese genommen wird, werden sich bei den am Vormittag oder zur Mittagszeit von ARD und ZDF übertragenen Spielen wirklich neue Zielgruppen am Fernseher versammeln. Die Sehnsucht nach einem erfolgreichen Turnier der Frauen ist groß, nachdem die A-Nationalmannschaft der Männer das Publikum in den letzten Testspielen gepeinigt und die U21 bei der EM gepatzt hat. Als der Sportliche Leiter Joti Chatzialexiou zur Vorbereitung bei den Frauen in Herzogenaurach eintraf, formulierte er den häufig zitierten Satz, dass sie jetzt die deutschen Fußballfans noch mal wach küssen sollten. Leider ging ein bisschen unter, als er sagte, wie demütig er nach Australien gehe, weil er wisse wie sich andere Nationen weiterentwickelt haben.

    Wird bei einem frühen Aus der Boom wieder abflauen? Oder ist das Fundament bereits nachhaltig? Antworten fallen schwer. Wenn es gelingt, den Zuspruch für den Frauenfußball in Deutschland über den Sommer zu erhalten, wäre viel gewonnen. Es wäre den Spielerinnen wegen der Bodenständigkeit zu wünschen. Sie vereinen weiterhin viel Sympathien und Zustimmung – und damit auch Wohlwollen. Doch auch sie genießen keinen Bonus für die Ewigkeit. Das sollten alle bei dieser WM verinnerlicht haben, bevor der erste Ball rollt.

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