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Kommentar: Der Sport darf sich nicht vom Fernsehen abhängig machen

Kommentar

Der Sport darf sich nicht vom Fernsehen abhängig machen

Tilmann Mehl
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    Noch garantieren öffentlich-rechtliche Übertragungen ein Millionenpublikum. Das wird sich in den kommenden Jahren ändern.
    Noch garantieren öffentlich-rechtliche Übertragungen ein Millionenpublikum. Das wird sich in den kommenden Jahren ändern. Foto: Tom Weller, dpa

    Es stimmt ja auch. ARD und ZDF garantieren ein Millionenpublikum. Selbst Fußnägelschneiden in der Gewichtsklasse bis 80 Kilo würde eine TV-Quote in den öffentlichen-rechtlichen Sendern versprechen, die für die meisten Sportarten unerreichbar ist – wenn Spartensender über sie berichten, oder Partien ausschließlich im Internet gezeigt werden. Wegen dieser Aufmerksamkeits-Garantie gelten die beiden Sender den Sport-Funktionären als verheißungsvolles Ziel. Die Hoffnung: Erhöhte Wahrnehmung wirkt sich auf die Jugendarbeit aus. Was Kinder sehen, ahmen sie nach. Zum anderen lassen sich höhere Sponsorenzahlungen heraushandeln, je mehr Zuschauer und Zuschauerinnen ein Spiel verfolgen. Gute Sichtbarkeit erhöht Werbegelder.

    Derzeit läuft in Deutschland die Basketball-Europameisterschaft und selbstverständlich beklagte sich der Verbandspräsident, dass die Partien nicht von den öffentlich-rechtlichen Sendern übertragen werden. Die ersten Spiele liefen zwar kostenlos, aber eben nur im Stream. Im Viertelfinale stieg RTL ein und zeigte sich anschließend überaus zufrieden mit über zwei Millionen Menschen vor den Bildschirmen.

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    Es müssen also nicht immer ARD oder ZDF sein. Es wäre auch gar nicht möglich. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben einen Grundversorgungsauftrag, sie sind keine Sportkanäle. Es lässt sich freilich darüber streiten, ob Übertragungen von den entlegensten Skisprungschanzen und Loipen zur Grundversorgung gehören.

    Allerdings benötigt es auch nicht zwingend Das Erste und das ZDF, um Sportarten populärer zu machen. In den kommenden Jahren werden sich die Sehgewohnheit in drastischer Art verändern. Das lineare Fernsehen wird immer mehr an Bedeutung verlieren. Weil die Geräte bald ausnahmslos internetfähig sind. Weil künftig auch die ältere Generation weiß, dass die Fernbedienung weit mehr zu bieten hat als die Sender, die auf "1" und "2" liegen: Streaminganbieter.

    Die Sehgewohnheiten werden sich drastisch ändern

    Für den Sport fernab des Männer-Fußballs ist das eine große Chance. Das junge Publikum findet leichter Zugang. Es geht intuitiv mit Streams und Apps um. Die Verbände wiederum sind gefordert, auf das veränderte Nutzungsverhalten zu reagieren. Allen Sportarten sollte schon jetzt daran gelegen sein, ihr Produkt attraktiv zu präsentieren. In der Zukunft wird sich das noch mehr auszahlen als momentan, wo Programmchefs auch aus Gründen kreativer Verarmung Gewohntes zeigen.

    Unter der Führung des ehemaligen Chefs der Deutschen Fußball-Liga (DFL) entwickelt sich derzeit ein neuer mächtiger Spieler auf dem Markt. Christian Seifert hat im Axel-Springer-Verlag einen potenten Partner gefunden, um die Streamingplattform "S Nation Media" aufzubauen. Ab dem nächsten Jahr soll sie senden. Schon jetzt sicherte man sich die Übertragungsrechte für die Tischtennis, - Volleyball-, Basketball- und Handball-Bundesliga.

    Die Verbandsbosse haben es sich in den vergangenen Jahren leicht damit gemacht, immer wieder auf das fehlende Interesse der öffentlich-rechtlichen Sender zu verweisen. Es ist nicht die Aufgabe von Rundfunkanstalten oder auch Zeitungen, Sportarten voraussetzungsfrei zu protegieren. Durch die neuen Übertragungsmöglichkeiten stehen die Chancen gut, sich mit mutigen Entscheidungen unabhängiger von ARD und ZDF zu machen. "1" und "2" werden auf der Fernbedienung nicht mehr automatisch am heftigsten abgenutzt sein.

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