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Kommentar: Das Märchen vom nachhaltigen Spitzensport Fußball

Kommentar

Das Märchen vom nachhaltigen Spitzensport Fußball

Florian Eisele
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    Deutschlands Bundestrainer Julian Nagelsmann (M) bei seiner Ankunft vor dem Hotel in Foxborough im US-Bundesstaat Massachusetts.
    Deutschlands Bundestrainer Julian Nagelsmann (M) bei seiner Ankunft vor dem Hotel in Foxborough im US-Bundesstaat Massachusetts. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Wer in der kommenden Woche das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Mexiko sehen will, muss sich den Wecker stellen: Um 2 Uhr deutscher Zeit tritt die DFB-Elf im zweiten Spiel unter dem neuen Trainer Julian Nagelsmann an. Die Partie, die um 20 Uhr Ortszeit in Philadelphia angepfiffen wird, bildet den Abschluss einer Länderspielreise, über die in der Branche so viel gemeckert wurde wie selten zuvor.

    Bayern-Trainer Thomas Tuchel kritisierte den daraus resultierenden Zeitdruck für die Nationalspieler. Das Programm sei das "Ende der Belastbarkeit". Bayern-Spieler Leon Goretzka führte die Startzeit des Spiels gegen Mexiko an: "Ich persönlich finde es schade, dass das zweite Spiel um 2 Uhr deutscher Zeit kommt. Das kann man so nicht nachvollziehen." Sowohl Tuchel als auch Goretzka haben recht in Ihrer Kritik, lassen aber einen anderen Aspekt außer Acht: Wie nachhaltig ist denn eine PR-Reise in die USA für einen Verband, der es sich auf die Fahnen geschrieben hat, seiner sozialen Verantwortung auch durch ressourcenschonendes Reisen nachzukommen? Aus eben jenem Grund reiste die Nationalmannschaft zu den jüngsten Länderspielen schon mal mit dem Zug an.

    Vertreter aus Südamerika feiern die WM-Bekanntgabe 2030.
    Vertreter aus Südamerika feiern die WM-Bekanntgabe 2030. Foto: Jorge Saenz/AP, dpa

    Die Fifa schießt mit der WM-Vergabe 2030 den Vogel ab

    Letztlich ist die USA-Reise des DFB, der sich "für eine größere Wahrnehmung und Präsenz des deutschen Fußballs", so Sportdirektor Rudi Völler, in den Staaten blicken lässt, aber nur die Spitze des Eisbergs. Den unrühmlichen Tiefpunkt liefert mal wieder der Weltverband Fifa. Der beschloss unlängst, dass die Weltmeisterschaft 2030 auf sage und schreibe drei Kontinenten stattfinden wird. Die meisten Spiele werden zwar in Spanien, Portugal und Marokko ausgetragen. Einige Partien finden aber auch in Südamerika statt, nämlich in Uruguay, Argentinien und Paraguay. Hintergrund der Vergabe: Mit dem Zufriedenstellen von gleich drei Kontinentalverbänden und sechs nationalen Vertretungen ist der Weg frei für einen Bewerber des asiatischen Verbandes, der realistischerweise nur Saudi-Arabien sein kann. Das umstrittene Königreich investiert Unsummen, um sich über den Fußball positiv darstellen zu können. Bei der WM in Katar warb die Fifa noch mit dem Label der nachhaltigen WM infolge der kurzen Wege – und zeigte nun, wie egal ihr das ist.

    Die WM-Vergabe steht sinnbildlich dafür, wie verschwenderisch im Fußball immer noch mit dem CO₂-Ausstoß umgegangen wird. Das geht bei den Verbänden los, setzt sich aber bei den Stars der Branche fort: Laut der französischen L’Equipe kam Lionel Messi im vergangenen Jahr durch die Benutzung seines Privatjets auf einen CO₂-Ausstoß von 1502 Tonnen – innerhalb von drei Monaten. Das ist der Ausstoß, den ein durchschnittlicher Franzose innerhalb von 150 Jahren hätte. Spitzenklubs wie die Bayern oder Dortmund reisen zu Werbezwecken nach Asien oder in die USA.

    Natürlich steht der Fußball mit seiner Verschwendungssucht nicht alleine da. Natürlich steht auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) für wahnwitzige Projekte wie den Neubau von Skisprungschanzen in einem Naturschutzgebiet. Aber der Fußball als eine der Sportarten mit der größten Öffentlichkeitswirksamkeit hat eben eine Vorbildfunktion. "Eine Branche, die mit und durch die Öffentlichkeit ihr Geld verdient, benötigt gesellschaftliche Akzeptanz", sagte der heutige DFB-Direktor Andreas Rettig, bevor er den Job beim Verband antrat. Interkontinentalflüge zu PR-Zwecken tragen dazu nicht bei.

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