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Kommentar: Bei Nagelsmann handelt der DFB wie ein Getriebener

Kommentar

Bei Nagelsmann handelt der DFB wie ein Getriebener

Johannes Graf
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    Sie sind die Zukunft im DFB: Sportdirektor Rudi Völler (links) und Bundestrainer Julian Nagelsmann, die bis zur WM 2026 bleiben sollen.
    Sie sind die Zukunft im DFB: Sportdirektor Rudi Völler (links) und Bundestrainer Julian Nagelsmann, die bis zur WM 2026 bleiben sollen. Foto: Marius Becker, dpa

    Mitte November war es, als die deutsche Nationalmannschaft blamabel in Wien gegen Österreich verlor. Zuvor war die Auswahl in Berlin der Türkei unterlegen. Weitere Tiefpunkte in der an Tiefpunkten nicht armen jüngeren Vergangenheit beim Deutschen Fußball Bund (DFB). Sportdirektor Rudi Völler brandredete, Bundestrainer Julian Nagelsmann abkanzelte, während Fans abwinkten. Jetzt: Vertragsverlängerung mit Nagelsmann bis 2026, Vorfreude auf die EM daheim. Dazwischen: Erfolge gegen Frankreich und die Niederlande.

    Einmal mehr zeigt der Fußball, welch unberechenbares, teils auch unwirkliches Geschäft er doch ist. Und wie wenig Kreativität und Weitsicht die Verantwortlichen in Klubs und Verbänden mitunter besitzen. Denn die vorzeitige Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen Nagelsmann und dem DFB wirkt wie eine Abwehraktion gegen mögliche Abwerbeversuche großer Klubs, unter anderem des FC Bayern München. Dessen Bosse suchen nach einem Trainer, der ihnen das Double oder sogar Triple zurückbringt. Erstaunlicherweise sollte just jener Nagelsmann den Heilsbringer geben, der vor rund einem Jahr das Gegenteil verkörperte. Gerechtfertigt dadurch, dass das eigentliche Problem damals im Wirken von Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Vorstandschef Oliver Kahn lag.

    Was macht der DFB mit Julian Nagelsmann, wenn die EM zur Enttäuschung wird

    Wirklich überraschen dürfen solche Gedankengänge eigentlich keinen mehr, denn mit Rückholaktionen hat der FC Bayern schließlich große Triumphe gefeiert. Millionen Euro scheinen im Spitzenfußball sowieso nichts weiter zu sein als Nebensächlichkeiten. Abfindungen, Ablösesummen – alles egal, wenn der Wunschkandidat her muss, den man schon lange, lange auf der Liste hatte. Ebenso egal ist es dann auch, wenn jener Wunschkandidat nach wenigen Wochen und Monaten beurlaubt wird, weil man in der Liste irgendwie verrutscht sein muss. 

    Letztlich bezahlt wird immer in einer Währung: Erfolg. So plötzlich, wie der DFB in Nagelsmann den Retter sieht, so plötzlich könnte der Bundestrainer nach einem enttäuschenden Abschneiden bei der Heim-EM erneut wackeln. Alles wäre wieder infrage gestellt. Warum hat der DFB also nicht einfach das Turnier abgewartet? Wirklich nur aus Angst vor bajuwarischen Verlockungen? Wie macht er mit einem Bundestrainer weiter, der in der Vorrunde scheitert? Um nicht, wie bei Löw und Flick, den Fehler zu begehen, an einem erfolglosen Modell zu lange festzuhalten, müsste sich der DFB erneut von einem Trainer trennen, sein Gehalt weiterbezahlen oder eine Abfindung leisten. Abzuwarten, wäre die bedeutend bessere Lösung gewesen. Der DFB handelte wie ein Getriebener.

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