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Kommentar: Alexander Zverev wird nie ein Liebling der Massen sein

Kommentar

Alexander Zverev wird nie ein Liebling der Massen sein

Johannes Graf
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    Beinahe mehr Regel denn Ausnahme: Alexander Zverev lässt seine Wut gerne am Schläger aus.
    Beinahe mehr Regel denn Ausnahme: Alexander Zverev lässt seine Wut gerne am Schläger aus. Foto: Tertius Pickard, dpa

    Dieser Tage begeistern die Handballer die Massen. Millionen Deutsche sitzen vor dem Fernseher, um mit Knorr, Köster und Co. zu fiebern. Das liegt vordergründig am sportlichen Erfolg, zugleich aber auch am Auftreten der Sportler. Rustikal packen sich die Spieler und zerfetzen im Zweikampf Trikots – doch alles im äußerst fairen Rahmen. Keine Beschwerden nach Schiedsrichterentscheidungen, stattdessen manchmal sogar Zustimmung bei eigener Zwei-Minuten-Strafe. 

    Die Handballer scheinen sich ihrer öffentlichen Wirkung bewusst zu sein. Im Auftreten vor, während und nach den Spielen begründet sich ihre Beliebtheit. Sie haben ihre Vorbildfunktion verinnerlicht, verkörpern sogenannte "Vorzeigeprofis". Deutschland hat etliche Helden des Sports hervorgebracht, in die Herzen der Fans haben sich allerdings nicht alle gespielt, gesprungen oder geworfen. Jan Ullrich taugte dazu, doch Doping, Alkohol und unerklärliche Eskapaden ließen ihn tief fallen. Michael Schumacher löste Formel-1-Euphorie aus, wirklich warm wurden aber die wenigsten mit ihm. Derart verbissen und ehrgeizig verfolgte er Ziele. 

    Boris Becker war als aktiver Sportler ein Vorbild – später nicht mehr

    Steffi Graf hingegen kam dem Ideal einer nationalen Heldin ziemlich nahe. Enorm hohe Sympathiewerte begleiteten sie während ihrer Karriere, mit André Agassi schloss sie sich später zu einem Tennis-Traumpaar zusammen. Besenkammer-Bekanntschaften, Bewährungsstrafe und Boulevard-Themen ließen die außergewöhnliche Sportlerkarriere von Boris Becker zusehends verblassen. Während seiner aktiven Zeit jedoch identifizierten sich die Deutschen mit "Bumbum" oder auch "Bobbele" aus Leimen. 

    Auch für Alexander Zverev ließe sich mancher Spitzname kreieren, doch wäre dieser wohl weniger wohlwollend besetzt. Zverev hätte aufgrund seiner sportlichen Veranlagungen und des Olympiasiegs in Tokio durchaus das Zeug zum Heroen, Charakter und Handeln jedoch stehen ihm wiederholt dabei im Weg. Selbst ein Sieg bei den Australian Open, der nach dem Halbfinal-Aus gegen den Russen Medwedew ohnehin nicht mehr möglich ist, hätte an Zverevs Wahrnehmung wenig geändert. 

    Nicht nur sportlich scheint ihm gegenüber den bisherigen deutschen Grand-Slam-Gewinnern Größe zu fehlen. Steuerliche Verfehlungen sind teils schnell wieder vergessen. Wenn aber jemand trotz Corona-Quarantäne auf Partys geht, aus Wut mit dem Schläger auf einen Schiedsrichterstuhl einprügelt oder gar wegen Körperverletzung angeklagt ist, fällt es schwer, in ihm einen Repräsentanten Deutschlands zu erkennen. Wenn Becker tragisch verlor, litten Millionen mit. Bei Zverev nur ganz wenige. 

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