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Ivanauskas, Franz Wagner und Olaf Scholz: Vom Füller zur Digitalen Unterschrift

Stil im Laufe der Zeit

Stifte machen Leute (Krawatten auch)

Tilmann Mehl
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    Valdas Ivanauskas signierte seinen Vertrag sitzend zwischen Trainer Benno Möhlmann (links) und Manager Heribert Bruchhagen.
    Valdas Ivanauskas signierte seinen Vertrag sitzend zwischen Trainer Benno Möhlmann (links) und Manager Heribert Bruchhagen. Foto: Wilfried Witters

    Die alten Zeiten müssen wahrlich nicht verklärt werden. Auch, und vor allem, nicht aus sportlicher Sicht. Wer sich ein beliebiges Fußballspiel der 80er- oder 90er-Jahre aus Langeweile, Interesse oder kontemplativen Zeitvertreib auf youtube ansieht, wird sich entweder nur schwer des Einschlafimpulses erwehren können oder aber von schrecklichen Bildern verfolgt werden (im schlimmsten Fall: beides). Mit welch betörend langsamer Geschwindigkeit versucht wird, den Ball in geordneten Bahnen laufen zu lassen, mit welch schienbeinverachtender Brutalität auf alles gegrätscht wurde, das den Anschein machte, aus der Langsamkeit ausbrechen zu wollen.

    Manches Damalige ist aber freilich dem Hier und Jetzt im mitteleuropäischen 21. Jahrhundert überlegen. So legten die Akteure außerhalb des Platzes noch mehr Wert auf zeitlosen Stil. Der kernige Litauer Valdas Ivanauskas beispielsweise schneiderte extra aus der Nationalflagge Absurdistans eine Krawatte, die er zur Vertragsunterschrift beim Hamburger SV anlegte. Später entstanden übrigens aus eben jener Krawatte die legendären Trikots des VfL Bochum. Signiert wurde das Vertragswerk dereinst mit einem eleganten Füllfederhalter, zumindest aber mit einem wertigen Kugelschreiber.

    Moritz Wagner unterschreibt auf seinem Handy

    In der ZDF-Dokumentation über die Basketball spielenden Wagner-Brüder ist zu sehen, wie Moritz seine Unterschrift digital über sein Handy übermittelt. Zwei Jahre, 22 Millionen Dollar, einmal auf dem mobilen Endgerät rumwischen. Bei seinem jüngeren Bruder Franz dürfte das nicht anders ausgesehen haben, selbst wenn dessen Namenszug sporthistorischen Wert besitzt. 224 Millionen Dollar für fünf Jahre – mehr hat noch kein deutscher Sportler verdient. Nichts da Montblanc-Kugelschreiber, keine in Tintenfass getupfte Gänsefeder.

    Was aber sollte auch zu erwarten sein, wenn schon das sonst so auf Stilistik pochende politische Personal keinen gesteigerten Wert auf ein nobel aufgetragenes Schriftbild legt? Wie die Bild recherchiert hat, setzte Kanzler Olaf Scholz seine Unterschrift unter den Antrag der Vertrauensfrage mit einem Kugelschreiber, der 1,37 Euro kostet. Willy Brandt hätte seinen Namen gewiss nicht mit günstiger Japanware unter das Schriftwerk gesetzt. Zeiten ändern sich, genauso wie Schreibwerkzeug, Politiker oder der Sport. Schade aber, dass niemand mehr Krawatten wie Ivanauskas trägt.

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