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Interview: Wie anonyme Hinweise im Anti-Doping-Kampf helfen

Interview

Wie anonyme Hinweise im Anti-Doping-Kampf helfen

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    Einblick in ein Dopinglabor: Anonyme Hinweise haben für die Nationale Antidopingagentur einen enormen Stellenwert.
    Einblick in ein Dopinglabor: Anonyme Hinweise haben für die Nationale Antidopingagentur einen enormen Stellenwert. Foto: Robert Michael, dpa (Symbolbild)

    Anonyme Anschuldigungen sorgten in Sportfunktionärskreisen zuletzt für Turbulenzen. Während es dabei oft um Politik geht, ist der Antidopingkampf auf anonyme Informanten angewiesen. Seit 2015 verfügt die Nationale Antidopingagentur (Nada) über ein Hinweisgebersystem, mit dem man online Hinweise auf mögliche Dopingvergehen geben kann. Wie ist die Resonanz seitdem?

    Lars Mortsiefer: Das System "Sprich's an" ist gut angenommen worden. Wir haben bisher etwa 13.000 Zugriffe auf das System – also Leute, die sich die URL kopiert haben, die Sicherheitsabfrage beantworten und sich die Oberfläche anschauen. Wir haben bis heute rund 240 tatsächliche Meldungen erhalten. Wenn man das über sieben Jahre hochrechnet, sind das im Durchschnitt etwa 30 bis 40 Meldungen jährlich. Jede einzelne Meldung ist wertvoll gewesen, jede einzelne hat dazu beigetragen, dass Ermittlungen aufgenommen wurden.

    Was ist bei diesen Ermittlungen dann herausgekommen? Gibt es da eine Verurteilungsquote?

    Mortsiefer: Verurteilungsquote würde ich es nicht nennen. Es geht vor allem um die Aufdeckungsquote. Denn die Frage ist ja immer: Was kann die Nada mit solchen Hinweisen unmittelbar machen? Wir sind keine Polizei, wir sind keine Staatsanwaltschaft. Unser Mittel ist es, zum Beispiel eine Zielkontrolle durchzuführen. Wenn wir einen Hinweis auf einen Athleten erhalten, der möglicherweise Dopingmittel eingenommen hat, können wir durch gezielte Kontrollen im Training oder Wettkampf schauen, was dahintersteckt. Ob es tatsächlich ein Vergehen gibt. Oder aber auch, ob man eine unberechtigte Anschuldigung ausräumen kann. 

    Wie hoch ist die Trefferquote?

    Mortsiefer: Die war bisher deutlich höher als die Quote, die wir ohne Hinweise erreicht haben. 2019 haben wir ein erstes Fazit gezogen. Da waren es rund zehn Prozent positive Proben, die wir aufgrund von Hinweisen bei Zielkontrollen feststellen konnten. Wenn man das mit der Quote ohne Hinweise vergleicht – 2019 waren es rund 0,06 Prozent –, ist das schon ein signifikantes Ergebnis.

    Lars Mortsiefer ist Vorstandsmitglied und Chef-Justiziar der Nada.
    Lars Mortsiefer ist Vorstandsmitglied und Chef-Justiziar der Nada. Foto: Jörg Carstensen, dpa

    Sind diese Fälle dann auch bei der Staatsanwaltschaft auf dem Tisch gelandet?

    Mortsiefer: Die Nada erhält die Hinweise und befasst sich grundsätzlich erst einmal aus sportrechtlicher Sicht damit. Die Hinweise werden aber direkt an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet, wenn sie darauf hindeuten, dass es einen Verstoß gegen das Antidopinggesetz gib. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn es um Hinterleute oder den Handel mit Dopingsubstanzen geht. Auch das hat schon stattgefunden und es gab staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Aber deutlich häufiger sind Hinweise innerhalb des Sportsystems. 

    Haben Sie Erkenntnisse, aus welchen Bereichen die Hinweisgeber kommen?

    Mortsiefer: Fast alle Hinweise sind anonyme Mitteilungen. Deswegen kann man das schwer beantworten. Ich kann nur vermuten und würde sagen, dass es oft Athleten oder Menschen aus dem näheren Umfeld von Athleten sind. Möglicherweise aber auch Sportinteressierte, die in der Beobachterposition sind. Auf jeden Fall sind es Leute, die das Gefühl haben, da läuft was falsch. 

    Das alles bedeutet, dass dieses Hinweisgebersystem einen sehr hohen Stellenwert für die Nada haben dürfte?

    Mortsiefer: Absolut. Das sind Fälle, die wir in der Form sicherlich nicht entdeckt hätten. 

    Die Anonymität bietet aber natürlich immer auch die Möglichkeit, beispielsweise missliebige Konkurrenten anzuschwärzen. Gab es solche Fälle auch schon?

    Mortsiefer: Es gibt mehrere Mechanismen, die versuchen, das zu minimieren. Ganz wird man das sicher nicht schaffen, aber es gibt schon ein paar Möglichkeiten im System, dies zu verringern. Nur zu schreiben: „Lischen Müller dopt, macht doch da mal was“ – das reicht nicht aus, um umfassende Ermittlungen einzuleiten. Aber wenn alle Felder im "Sprich's an"-System dezidiert ausgefüllt werden, sehen wir, wie stark das Aufklärungsinteresse ist, und dann gehen wir den Hinweisen intensiv nach. Wir haben bei der Nada geschulte Fachleute, die wissen, wie man mit den unterschiedlichen Hinweisen umgeht. Wir schauen schon, dass das verhältnismäßig ist. 

    Wie sicher ist das System für den Hinweisgeber oder die Hinweisgeberin, die ja in der Regel anonym bleiben will?

    Mortsiefer: Die Anonymität wird im "Sprich's an"-System höchstmöglich gesichert. Es ist kein Mail-basiertes System. Es ist Web-basiert und nicht rückverfolgbar. Die Anonymität ist immer so hoch, wie es der Hinweisgeber festlegt.

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