Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Interview: Cup-Keeper Pritchard: "Nur Nico Sturm darf den Stanley Cup in die Höhe stemmen"

Interview

Cup-Keeper Pritchard: "Nur Nico Sturm darf den Stanley Cup in die Höhe stemmen"

    • |
    Die weißen Handschuhe sind Pflicht: Phil Pritchard bringt die Eishockey-Trophäe zu den NHL-Siegern.
    Die weißen Handschuhe sind Pflicht: Phil Pritchard bringt die Eishockey-Trophäe zu den NHL-Siegern. Foto: BILL GREENBLATT,via www.imago-images.de

    Sie bringen den Stanley Cup Jahr für Jahr zu den besten Eishockey-Spielern der Welt. Wie gut sind ihre Fähigkeiten auf dem Eis?

    Phil Pritchard: Man müsste fragen: wie schlecht. Ich bin eher in der Lage den Stanley Cup zu überreichen als zu gewinnen. Im Ernst: Ich habe mal Hockey gespielt und spiele noch immer. Es sollte bei den Alten Herren ohne Checks abgehen, aber das klappt nicht immer.

    Wie wird man Keeper of the Cup und wie lange machen Sie den Job?

    Pritchard: Seit 1988, also seit 34 Jahren. Wie ich dazu gekommen bin? Wenn Sie meine Frau fragen, wird sie sagen, dass ich zur falschen Zeit am falschen Ort war. Ich sage: Ich war am richtigen Fleck zur richtigen Zeit. Ich habe davor für die Ontario Hockey League gearbeitet, bevor ich zur Hockey Hall of Fame in Toronto gekommen bin. Seit 1995 darf jeder siegreiche Spieler den Cup für einen Tag mit nach Hause nehmen. Davor durften das nur ausgewählte Spieler. Es ist eine gute Werbung für die National Hockey League, aber auch für das Eishockey weltweit. Dieser Besuch zu Hause soll zeigen, dass am Erfolg viel mehr Menschen beteiligt sind, als die Spieler und der Klub. Ihre Familien, ihre Freunde, ehemalige Trainer haben auch einen Beitrag geleistet, dass ein Spieler das größte Ziel erreicht, das es im Eishockey gibt.

    Sie verreisen also öfter mit dem Cup als mit ihrer Frau. Ist sie nicht eifersüchtig?

    Pritchard: Ja gewiss. Aber es macht mir riesige Freude. Als ein Mensch, der in der Hockey-Welt aufgewachsen ist, schätze ich die Aufgabe sehr, weil die Atmosphäre in der Hockey-Welt unvergleichlich ist. Als kleine Entschädigung schicke ich meiner Frau von jeder Station eine Postkarte, es sind inzwischen rund 3500 Stück aus der ganzen Welt. Am Samstag in Augsburg werde ich auch eine kaufen und meiner Frau schicken.

    Ist der Stanley Cup pflegeleicht?

    Pritchard: Nun ja, zumindest widerspricht er nicht. Aber in der heutigen Zeit wird das Reisen mit der Trophäe immer herausfordernder. Sie ist schwer und wiegt ungefähr 17,5 Kilogramm. Der Pokal wird in einer großen Kiste transportiert und das bringt Schwierigkeiten mit den Fluggesellschaften mit sich.

    Welche Geschichten haben Sie aus 34 gemeinsamen Jahren mit der Trophäe zu erzählen?

    Pritchard: Ich hatte die Möglichkeit mit dem Cup 29 verschiedene Länder zu bereisen, was auch zeigt, wie großartig das Eishockeyspiel ist. Wir waren zwar noch nie südlich des Äquators, aber auch dort wird inzwischen Hockey gespielt und ich werde irgendwann dorthin reisen. In 96 Länder wird Eishockey gespielt und jeder Spieler weltweit träumt wahrscheinlich davon, es einmal in die beste Liga der Welt zu schaffen und den Stanley Cup zu gewinnen.

    Von einem Ausflug 2018 nach Deutschland mit Torwart Philipp Grubauer schwärmen Sie noch immer. Warum?

    Pritchard: Ja, das war großartig. Grubauer (stammt aus Rosenheim, Anm. d. Red.) lebt nahe den bayerischen Bergen. Wir sind auf einen Gipfel gestiegen um eine typisch bayerische Brotzeit mit hart gekochten Eiern, Wurst und Bier zu genießen. Auf dem Weg zurück über eine Kuhweide hat sich eines der Tiere sehr für den silbernen Pokal interessiert. Plötzlich sind alle Kühe gekommen und eines der Tiere hat mit seiner Zunge aus dem Pokal geleckt. Vielleicht hat er noch nach Bier geschmeckt. Die Kuh wollte an der Party teilnehmen. Ein anderes Mal hat eine ältere Dame gefragt, wo denn die Tassen stehen. Sie hielt den Stanley Cup für eine silberne Kaffeekanne. Das zeigt: wir haben den Menschen in der Welt noch genügend über Eishockey zu erzählen.

    Nico Sturm wird den Pokal am Samstag im Augsburger Curt-Frenzel-Stadion präsentieren. Was ist erlaubt im Umgang mit dem Cup und was verboten?

    Pritchard: Zuallererst sollten die Menschen ihm mit Respekt begegnen. Mit Respekt für die Trophäe, die 130 Jahre alt ist, und für das Spiel, für die Akteure und ihre Familien. Nico genießt als Einziger das Privileg, den Cup über seine Schultern in die Höhe stemmen zu dürfen, weil er ihn mit Colorado gewonnen hat. Und nur er darf die Drinks aus der Schale verteilen.

    Habe Sie den Pokal schon mal verloren?

    Pritchard: Als ich das erste Mal 1999 in die Tschechische Republik zu Roman Turek geflogen bin, ist der Koffer beim Umsteigen in Frankfurt verloren gegangen und die Enttäuschung in der Hockey-Nation war groß. Er ist wieder aufgetaucht.

    Sie haben die NHL-Finalserie zwischen Colorado und Tampa verfolgt. Wie schätzen sie den Deutschen Nico Sturm ein?

    Pritchard: Es kann nur ein Klub den Cup gewinnen, der als Mannschaft funktioniert. Es ist niemals nur ein Schlüsselspieler oder eine Sturmreihe verantwortlich. Nico ist ein Spieler mit viel Potenzial, was man auch daran sieht, dass er er jetzt einen Drei-Jahres-Vertrag bei den San Jose Sharks unterschrieben hat.

    Am Samstag wird der Cup in Augsburg präsentiert. Wo kommt er her, wo geht es danach hin?

    Pritchard: Wir kommen aus Pilsen, wo Colorado-Torwart Pavel Franzous lebt. Ich hoffe, das alles klappt. Nach dem Augsburg-Tag reise ich weiter nach Schweden zu Stürmer Gabriel Landeskog, der die Avalanche seit vielen Jahren als Kapitän führt. Danach geht es nach Finnland.

    Nico Sturm will am Abend mit Familie und Freunden feiern. Sie werden das gute Teil bewachen, damit was nicht wieder passiert?

    Pritchard: Es sind schon die verrücktesten Sachen passiert oder serviert worden. Das hängt immer von den Traditionen des Landes ab. Es wurden Kaviar, Piroggen, Pasta, Hummer oder Wodka daraus gereicht. In diesem Jahr waren Football-Spieler, Golfer oder Country-Sänger dabei. Alle wollten den Cup live sehen.

    Ist es das Original?

    Pritchard: Ja, das macht es so speziell, dass Nico Sturm den Stanley Cup am Samstag in Augsburg genießen und präsentieren kann.

    Stimmt es, dass sie immer weiße Handschuhe tragen und alle aufheben? Warum?

    Pritchard: Ich arbeite für die Hockey Hall of Fame in Toronto, also archivieren wir alles. Es ist eine Gewohnheit von mir. Ich wünschte, meine Frau wäre bei diesem Telefonat dabei, sie könnte ihnen genau sagen, wie viele Paare es inzwischen sind. Ich trage sie aus Respekt vor der Trophäe. Nico Sturm muss das nicht, er hat den Stanley Cup schließlich gewonnen. Es sind einige Taschen mit weißen Handschuhen, mindestens zweihundert Paare.

    Info: Am Samstag trägt sich Nico Sturm, der mit der Colorado Avalanche die NHL-Meisterschaft gewann, um 13 Uhr ins Goldene Buch der Stadt Augsburg ein. Ab 15 Uhr (Einlass ab 14 Uhr) präsentiert der 27-jährige Augsburger den Stanley Cup den Eishockey-Anhängern im Curt-Frenzel-Stadion. Der Eintritt ist frei.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden