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Interview: Nationalspieler Niclas Füllkrug: "Stehen weiter für unsere Werte ein"

Interview

Nationalspieler Niclas Füllkrug: "Stehen weiter für unsere Werte ein"

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    Niclas Füllkrug hat mit 29 Jahren sein erstes Länderspiel bestritten. Er gilt als einziger Mittelstürmer klassischer Bauart im WM-Kader der deutschen Nationalmannschaft.
    Niclas Füllkrug hat mit 29 Jahren sein erstes Länderspiel bestritten. Er gilt als einziger Mittelstürmer klassischer Bauart im WM-Kader der deutschen Nationalmannschaft. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Herr Füllkrug, das Wichtigste vorneweg: Wie geht’s? Fußball-Deutschland hat sich kurz gesorgt, dass der einzige Mittelstürmer wegen eines grippalen Infekts ausfällt.

    Niclas Füllkrug: Der hat mich tatsächlich kurz aus der Bahn geworfen. Es war gut, dass ich einen Tag Pause hatte, seit Montag bin ich wieder voll im Training. Ich habe gehofft, dass ich niemanden anstecke – das war auch ein Grund, den anderen besser mal aus dem Weg zu gehen.

    Vergangene Woche haben Sie mit 29 Jahren ihr Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert und prompt gleich das Siegtor gegen den Oman geschossen. Das ist nicht die schlechteste Bewerbung für einen Startelfeinsatz im ersten WM-Spiel gegen Japan.

    Füllkrug: Ich habe einen Trainingstag verpasst, der auch nicht ganz unwichtig war. In der Offensive ist bei uns generell viel Qualität vorhanden. Ich glaube aber schon, dass auch ich der Mannschaft etwas geben kann – in welcher Situation auch immer. Das entscheidet der Trainer, er wird immer die beste Elf aufstellen.

    Was können Sie denn der Mannschaft geben?

    Füllkrug: Ein richtiger Mittelstürmer kann viel Platz für die Mittelfeldspieler schaffen. Die haben bei uns eine brutale Qualität und können mit ihrem Tempo dann gut in die Tiefe gehen. Ich glaube auch, dass ich eine gute Präsenz mitbringe und Innenverteidiger binde. Außerdem kann ich als Wandspieler gut Bälle halten.

    Würden Sie sich selbst aufstellen?

    Füllkrug: Klar, immer.

    Wenn einer ‘nen Lauf hat, dann lass ihn laufen.

    Füllkrug: Man weiß ja leider nie, ob es so weiterläuft. Wir haben wirklich sehr viel Qualität vorne drin. Wir werden wir schon eine gute Mannschaft auf den Platz kriegen, da braucht sich niemand Sorgen zu machen.

    Niclas Füllkrug hat in seinem ersten Länderspiel gegen den Oman gleich sein erstes Tor erzielt.
    Niclas Füllkrug hat in seinem ersten Länderspiel gegen den Oman gleich sein erstes Tor erzielt. Foto: Christian Charisius, dpa

    Bei Ihnen läuft es, bei Werder läuft es. Vor einem Jahr war das noch anders. Unter Markus Anfang saßen Sie zeitweise auf der Bank. Erst als Ole Werner übernommen hat, ging es für Sie und den Verein aufwärts. Ist der Trainerwechsel der Hauptgrund für den Aufschwung gewesen?

    Füllkrug: Klingt langweilig, ist aber so: Der Hauptgrund ist Arbeit. Und dann muss immer noch einiges zusammenpassen. Ich profitiere von der Mannschaft, bei der vieles passt. Aber klar: Es ist auch stark vom Trainer abhängig und ob er einem über 90 Minuten das Vertrauen gibt. Wenn man in dieser Saison mal genau drauf schaut, ist da schon das ein oder andere Tor von mir in den letzten fünf bis zehn Minuten gefallen.

    Wie haben Sie eigentlich von ihrer Nominierung für die WM erfahren?

    Füllkrug: Am Tag vor der offiziellen Nominierung hat mich Hansi Flick angerufen. Das war ein kurzes Telefonat, aber natürlich eine coole Nummer.

    Mit welchen Erwartungen geht man ans Telefon, wenn da die Nummer vom Bundestrainer auftaucht?

    Füllkrug: Gespannt. Der Bundestrainer hat ja gesagt, dass er bei anderen auch teilweise angerufen hat, um ihnen abzusagen. Ich hatte mit einem Anruf gerechnet, weil ich wusste, dass ich im vorläufigen 55er Kader war. Ich wusste aber nicht, was er übermitteln würde. Dementsprechend war die Freude sehr groß.

    Hat sich die Familie auch gefreut? Sie haben ja auch eine dreijährige Tochter.

    Füllkrug: Ja, klar. Meine Frau hat sich sehr mit mir gefreut. Es war schon etwas später am Abend, da hat die Kleine schon geschlafen.

    Hat sie sich dann gefreut, als sie davon erfahren hat? Schließlich ist der Papa im besten – oder schlimmsten – Fall über einen Monat nicht zu Hause.

    Füllkrug: Wir haben hier in Katar die Möglichkeit, dass auch die Familie vorbeikommen kann, das wird bei uns demnächst der Fall sein.

    Wenn einem dann im Training Antonio Rüdiger gegenübersteht und man weiß, dass der für Real Madrid spielt: Geht man da als Stürmer eines Bundesliga-Aufsteigers mit etwas Respekt an die Aufgabe heran?

    Füllkrug: Es ist wahrscheinlich von Vorteil, regelmäßig auf internationalem Niveau zu spielen. Aber ich spiele in der Bundesliga auch gegen Mannschaften, die international vertreten sind – und habe zum Teil auch gegen die getroffen. Ich hatte keinen unnötig großen Respekt. Viele von den Jungs hier kenne ich ja auch, weil ich schon gegen sie gespielt habe.

    Ist das Niveau im Training merklich anders als bei Werder Bremen?

    Füllkrug: Hier sind die 26 besten Spieler Deutschlands versammelt. Einige sind Weltmeister geworden, einige haben die Champions League gewonnen. Natürlich spielen die auf einem sehr hohen Niveau. Das merkt man auch im Training, das ist schon besonders. Es macht natürlich viel Spaß. Es macht aber auch Spaß, meine Qualitäten einzubringen, weil ich glaube, dass ich den Jungs auch etwas geben kann. Weil wir in Bremen mit viel weniger Möglichkeiten versuchen, erfolgreich zu sein. Dementsprechend ist das für beide Seiten eine gute Situation.

    Wenn man auf diesem Niveau trainiert, macht das nicht Lust auf mehr? Also jeden Tag auf diesem Niveau zu trainieren und zu spielen.

    Füllkrug: Ich bin wirklich froh und stolz, bei Werder Bremen zu spielen. Ich weiß nicht, wann es das zuletzt gab, dass ein Aufsteiger einen deutschen WM-Fahrer gestellt hat. Ich habe eine super Mannschaft im Rücken, die offensiv einen sehr gepflegten Ball spielt. Davon profitiere ich auch. Ich habe vorne mit Marvin Ducksch einen Top-Partner. Es freut mich eher, dass es kein Hindernis ist, bei einem Aufsteiger zu spielen und trotzdem für eine Weltmeisterschaft nominiert zu werden.

    Diese Weltmeisterschaft steht besonders wegen der Menschenrechtslage im Fokus. Vor allem die Lage der Wanderarbeiter wird immer wieder angesprochen. Wird darüber auch in der Mannschaft geredet?

    Füllkrug: Das wurde thematisiert, ja. Wir sprechen auch intern darüber und bekommen viel mit. Wir sind uns alle der Umstände bewusst und verurteilen sie. Man muss es so deutlich sagen. Das ist total inakzeptabel, aber die Macht, diese Dinge wirklich zu verändern, die liegt in anderen Händen. Wir können auf Dinge aufmerksam machen, können mit dem Finger darauf zeigen, darüber reden – aber die Entscheidungen werden von anderen getroffen.

    Die Mächtigen aber geben gerade kein gutes Bild ab, wie Diskussion und Verbot der One-Love-Binde zeigen.

    Füllkrug: Auch wenn wir auf die Binde verzichten müssen, was eine sehr enttäuschende Entscheidung der Fifa ist, stehen wir weiter für unsere Werte ein. Aber es ist auch wichtig, den Disput zwischen den Verbänden nicht auf dem Rücken der Spieler auszutragen.

    Sie trainieren ein bis zwei Mal am Tag. Was macht man eigentlich sonst den ganzen Tag bei einer WM?

    Füllkrug: Wir haben eine sehr fleißige Mannschaft mit vielen Spielern, die neben dem Training zusätzlich individuell viel arbeiten. Dann stehen auch immer wieder mal Behandlungen an, aber selbstverständlich wird auch entspannt. Das gehört auch dazu. Wir sind viel zusammen und das finde ich echt cool bei dieser Mannschaft. Wir schauen natürlich auch zusammen Fußball.

    Muss sich Marvin Ducksch Sorgen machen, dass Sie mit einem Nationalspieler ein ähnlich harmonisches Duo bilden wie mit ihm? Sie haben sich selbst "die hässlichen Vögel" genannt. Gibt es hier auch einen hässlichen Vogel?

    Füllkrug: Ich glaube, wir bleiben zu zweit. Das ist auch gut so, er ist ja mein Partner.

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