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Interview: Fußball-Legende Dino Zoff: „Es gibt Abende, an denen dir nichts gelingen will“

Interview

Fußball-Legende Dino Zoff: „Es gibt Abende, an denen dir nichts gelingen will“

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    Dino Zoff gewann mit der italienischen Nationalmannschaft 1982 den WM-Titel.
    Dino Zoff gewann mit der italienischen Nationalmannschaft 1982 den WM-Titel. Foto: Witters

    Signore Zoff, haben Sie heute schon Golf gespielt oder die Freizeit mit Ihren Enkelkindern verbracht?
    ZOFF: Die Enkelkinder sind mittlerweile in der Pubertät und nicht immer erfreut, mit dem Opa zu spielen (schmunzelt). Deshalb war ich lediglich im Hallenbad und bin ein paar Bahnen geschwommen. Golf habe ich dann anschließend im Fernsehen verfolgt, weil das Wetter hier in Rom noch nicht ganz frühlingshaft ist.

    Am Donnerstag treffen im Mailänder Guiseppe-Meazza-Stadion Italien und Deutschland aufeinander. Wie betrachten Sie diese Begegnung im Rahmen der Nations-League?
    ZOFF: Diese Begegnungen sind immer hochinteressant und bergen Brisanz. Diesmal scheint es, dass die deutsche Auswahl frischer und mit mehr Elan auftritt, während die „Squadra azzurra“, zumindest bei der letzten EM, enttäuschend aufgetreten ist. Ich bin gespannt auf die beiden Spiele.

    Apropos letzte EM. Wie erklären Sie sich den desolaten Auftritt und das frühe Ausscheiden Italiens bei diesem Turnier? Immerhin war das Spalletti-Team als amtierender Titelverteidiger angetreten.
    ZOFF: Das war damals eine noch relativ junge Mannschaft, die gerade geformt wurde und nicht imstande war, Lösungen im Spielverlauf zu finden. Jetzt habe ich den Eindruck, dass das Team eingespielter und wettbewerbsfähiger geworden ist. Spalletti wird bestimmt seine Schlüsse aus dem Turnier gezogen haben. 

    Ihr ehemaliger Verein, Juventus Turin, ist seit fünf Jahren ohne nationalen Titel. In dieser Saison ist die „Alte Dame“ in der Champions-League im Achtelfinale ausgeschieden und in der italienischen Meisterschaft torkelt sie momentan hinter Inter, Napoli, Atalanta und Bologna auf Platz fünf. Liegt da in Turin was im Argen?
    ZOFF: Nein, würde ich jetzt nicht sagen. Man darf nicht vergessen, dass in den letzten Jahren ein massiver Umbruch im Verein stattgefunden hat, angefangen von der Vereinsführung bis hin zum Trainer. Das Team besteht aus relativ jungen Spielern und einem neuen Trainer. Ich bin zuversichtlich, dass wir in der kommenden Saison das wahre Gesicht von Juventus sehen werden.

    Ihr letztes Spiel im Juve-Trikot war das Finale im Pokal der Landesmeister gegen den Hamburger SV im Mai 1983. Werden Sie eigentlich immer noch auf diese Finalniederlage angesprochen?
    ZOFF: Es kommt immer wieder vor, dass ich zum Finale gegen den HSV befragt werde, allerdings nicht mehr so oft wie in den ersten Jahren danach, als wir nicht verstehen konnten, wie wir dieses Spiel verloren haben

    Sind Sie mittlerweile mit sich im Reinen?
    ZOFF: Die Zeit heilt bekanntlich viele Wunden. So geschah es auch mit dieser bitteren Niederlage. Ich habe sie mittlerweile verdaut. (lächelt)

    Felix Magath, der goldene Torschütze von Athen, sagte mal in einem Interview, dass der HSV mutig gegen das übermächtige Juventus aufgetreten ist. Was fehlte Ihrem Team an jenem Abend im Athener Olympiastadion?
    ZOFF: In der Tat haben wir nicht damit gerechnet, dass die Mannschaft von Ernst Happel so beherzt antreten wird. Das hat uns vielleicht am Anfang etwas irritiert, ohne dass es als Ausrede dienen soll. Wir hatten immerhin über 80 Minuten Zeit, die Partie noch zu drehen. Es gibt aber Abende, an denen dir nichts gelingen will.

    Der Treffer von Magath fiel aus einer nicht unbedingt aussichtsreichen Position. Haben Sie den Ball eventuell zu spät gesehen?
    ZOFF: Nein. Es war ein schöner Treffer aus einem schwierigen Winkel. Es war eine Phase in meiner Karriere, in der ich vermehrt Tore durch Distanzschüsse kassierte, was mir natürlich viel Kritik seitens der Journalisten eingebracht hat. Ähnlich erging es mir nach der WM 1978 in Argentinien.

    Stimmt es eigentlich, dass Sie nach jenem Turnier Ihre Karriere beenden wollten? Immerhin waren Sie damals bereits 36 Jahre alt.
    ZOFF: Daran dachte ich nicht im Entferntesten. Es hagelte zwar Kritik, weil ich bei zwei Toren durch Distanzschüsse kein gutes Bild abgeliefert hatte. Als Konsequenz verweigerte ich für sechs Monate jegliches Gespräch mit Journalisten und konzentrierte mich lediglich auf mein Spiel. Zum Glück wurde ich dann 1982 in Spanien mit dem WM-Titel belohnt.

    Der WM-Titel nach dem 3:1-Sieg im Endspiel gegen Deutschland war zweifelsohne der Höhepunkt Ihrer Karriere. Wie haben Sie diesen Erfolg in Erinnerung?
    ZOFF: Das sind wahrhaftig lebhafte Erinnerungen, die auch heute noch sehr präsent sind. Wir waren damals als Team vor dem Turnier einer unglaublichen Polemik von den italienischen Medien ausgesetzt, die mit dem Manipulationsskandal im italienischen Calcio in den Jahren davor verbunden war. Insofern ist unser Erfolg noch höher anzusiedeln. Keiner hatte uns auf der Rechnung! Dementsprechend war auch unser Einstieg im Turnier eher holprig (Anm. Italien kam nach drei Unentschieden dank des besseren Torverhältnisses in die Zwischenrunde). Nach der Vorrunde fand eine Leistungsexplosion statt, die uns beflügelte. Mein verstorbener Freund Paolo Rossi hat dann den Rest erledigt! (lacht)

    Einen maßgeblichen Anteil an Ihrer famosen Karriere soll auch Ihre Großmutter mit einem speziellen „Ernährungsplan“ gehabt haben.
    ZOFF: (schmunzelnd) In der Tat hat sie mir im Alter von 14 Jahren eine „Eierkur“ verabreicht, damit ich an Größe zulege. Ich musste täglich drei Eier verzehren. Ich war damals nur 1,60 Meter groß war und damit eindeutig zu klein, um ein guter Torhüter zu werden. Mit 19 maß ich dann schließlich 1,82 Meter und bekam einen Profivertrag bei meinem Heimatverein Udinese Calcio. Heute esse ich auch noch gelegentlich Eier, aber nicht mit der Intensität und Frequenz von damals. Ich muss ja schließlich auch auf meine Cholesterinwerte achten.

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