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Interview: Ex-Münchner Effenberg: "Die Qualität hat durch die Dominanz der Bayern gelitten"

Interview

Ex-Münchner Effenberg: "Die Qualität hat durch die Dominanz der Bayern gelitten"

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    Stefan Effenberg spielte von 1987 bis 1990 und 1994 bis 1998 für Borussia Mönchengladbach.
    Stefan Effenberg spielte von 1987 bis 1990 und 1994 bis 1998 für Borussia Mönchengladbach. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Herr Effenberg, seit Samstag haben die Bayern schon ihren ersten Titel. Ist das ein Hinweis darauf, dass sie auch in der Bundesliga wieder dominieren werden?

    Stefan Effenberg: Ich hoffe, dass es an der Spitze spannender wird. Bei den Topverfolgern aus Dortmund, Leverkusen und Leipzig steckt auch eine Menge Qualität im Kader. Sie haben den Anspruch, dass es an der Spitze zu einem Vierkampf wird.

    Und wer wird sich am Ende durchsetzen, wieder die Bayern?

    Effenberg: Ja, man hat schon im Supercup gesehen, welche Qualität trotz des Lewandowski-Abgangs bei ihnen weiter im Kader herrscht. Auch durch die Neuzugänge Mané, de Ligt, Mazraoui oder Gravenberch. Und sie haben es geschafft, die Verträge mit wichtigen Spielern wie Neuer, Müller, Kimmich, Coman oder Gnabry zu verlängern. Das sind wichtige Stützen. Dadurch haben sie in den nächsten ein, zwei Jahren Ruhe.

    Keine Ruhe hatten die Bayern während der Sommerpause, als der Wechsel von Lewandowski die Schlagzeilen bestimmte. Wie empfanden Sie die Situation?

    Effenberg: Er ist ein Weltklassespieler, der mit entscheidend war für die Erfolge beim FC Bayern. Wenn er sich entscheidet zu gehen und das geschafft hat, muss das Thema auch mal abgehakt sein.

    Dennoch war der Transfer nicht geräuschlos.

    Effenberg: Manchmal gibt es solche Transfers, bei denen viel gesagt und spekuliert wird. Auch mal vom Spieler oder Verein. Das ist nichts Neues. Bei diesen großen

    Wie wären Sie als Mitspieler mit Lewandowski in einer solchen Situation umgegangen?

    Effenberg: Ich denke, dass das in den Köpfen der anderen Spieler keine Rolle gespielt hat. Bei einem Verein wie dem FC Bayern ist alles auf den Erfolg ausgerichtet. Wichtig ist, dass zum Start der Vorbereitung Ruhe herrscht.

    Die Beziehung von Bayern-Trainer Julian Nagelsmann zu einer Bild-Reporterin könnte eine Quelle für Unruhe in der neuen Saison werden.

    Effenberg: Da möchte ich gar nicht groß drauf eingehen. Momentan herrscht da Ruhe und das hat erst einmal mit dem Sport nichts zu tun. Ich wünsche ihm, dass das so bleibt. Aber es ist keine einfache Konstellation.

    Die Partnerin von FCB-Trainer Nagelsmann: Bild-Reporterin Lena Wurzenberger.
    Die Partnerin von FCB-Trainer Nagelsmann: Bild-Reporterin Lena Wurzenberger. Foto: Sport1

    In diesem Sommer kamen einige Topstars neu in die Bundesliga. Spricht das für die Attraktivität der Liga?

    Effenberg: Die Bundesliga ist eine gute Anlaufstelle für solche Spieler. Natürlich wurden mit Haaland und Lewandowski zwei wichtige Spieler verloren, aber nichtsdestotrotz haben wir in der Bundesliga viele tolle Neuzugänge, zum Beispiel auch Mario Götze.

    Wie beurteilen Sie generell die Qualität der Bundesliga?

    Effenberg: Sie hat ein Stück weit gelitten durch die Dominanz des FC Bayern. Einige Vereine wie Dortmund waren mal dran, haben es aber nicht auf Strecke zeigen können. Aber neben dem Titelkampf gibt es viele weitere spannende Fragen in der neuen Saison: Wird Bochum seine starke Saison bestätigen können? Wie schlägt Mario Götze ein oder kommt Wolfsburg nach einer schwachen Saison wieder in Schwung? Was wird mit der Hertha? Klasse ist auch, dass Werder und Schalke wieder zurück sind. Auf diese Aufsteiger mit ihrer großen Tradition kann man sich freuen, sie steigern sicher die Attraktivität der Liga. Wir dürfen nicht immer nur auf Platz eins oder zwei schauen, auch im Keller ist die Liga spannend.

    In diesem Bereich wird wohl auch der FC Augsburg wieder landen. Was erwarten Sie von der Mannschaft, einige Experten tippen Augsburg als direkten Absteiger.

    Effenberg: Als direkten Absteiger sehe ich Augsburg nicht. Aber sie werden natürlich wieder gegen den Abstieg spielen. Sie sind das gewohnt. In den vergangenen Jahren haben sie es immer geschafft, zum Ende die nötigen Punkte zu holen. Das könnte wieder so werden. Mit Finnbogason und Gregoritsch haben sie zwei Spieler abgegeben, die ich sehr mag. Vor allem Gregoritsch sehe ich als Unterschiedsspieler für Augsburg. Die Neuzugänge Demirovic oder Rexhbecaj müssen sich erst einmal beweisen. Oder auch Pepi, der in der vergangenen Saison für viel Geld verpflichtet wurde. Bislang hat er noch nicht viel zeigen können, das könnte irgendwann zu Diskussionen führen, falls es so bleibt. Natürlich braucht er Zeit, aber irgendwann muss er liefern. Eine solche Ablösesumme ist auch Last.

    Wie ist Ihr Eindruck von Augsburgs neuem Trainer Enrico Maaßen?

    Effenberg: Er hat eine sehr gute Ausbildung mit zuletzt Dortmund II. Aber die Bundesliga ist noch einmal eine ganz andere Geschichte. Wichtig ist, dass er die Mannschaft erreicht und authentisch ist.

    Augsburgs neuer Trainer Enrico Maaßen vor dem Pokalspiel in Lohne.
    Augsburgs neuer Trainer Enrico Maaßen vor dem Pokalspiel in Lohne. Foto: Christopher Neundorf, dpa

    Seine Spielidee jedenfalls kommt bei der Mannschaft gut an.

    Effenberg: Das ist schon mal die Basis. Jetzt sind die Spieler gefordert, das umzusetzen. Wichtig ist, dass sie ihre Hausaufgaben machen gegen Mannschaften, die im vergangenen Jahr unten im Keller dabei waren. In diesen Spielen müssen sie ihre Philosophie durchsetzen. Ich denke, dann sind die Fans in Augsburg schon zufrieden. Die ersten fünf Spiele sind wichtig. Mit Mainz, Hoffenheim oder Hertha gibt es Gegner, gegen die man punkten kann oder auch muss.

    Machen wir noch einen Abstecher zum Frauenfußball. Haben Sie die EM und das unglückliche Ende für die deutsche Mannschaft verfolgt?

    Effenberg: Ich habe jedes Spiel geschaut. Beim Finale allerdings erst die Verlängerung, weil ich davor im Flieger saß. Eine solche Niederlage tut immer weh. Es ist aber die Frage, wie verkaufe ich mich. Und da hat sich unsere Mannschaft in jedem Spiel sehr gut verkauft. Diese Euphorie muss man jetzt mitnehmen.

    Denken Sie, dass die EM einen nachhaltigen Einfluss auf den Frauenfußball haben wird?

    Effenberg: Das muss es. Die Frauen müssen die Chance haben, professionell arbeiten zu können. In Deutschland oder England ist das bereits der Fall. Der Nachwuchs muss besser gefördert werden, das ist die Basis. Der Rest wird dann kommen. Die EM ist ein Riesenschritt nach vorne gewesen.

    Sie sind Experte beim Sender Sport 1 und werden am Sonntag im Stahlwerk-Doppelpass sitzen. Zieht es Sie auch irgendwann wieder auf einen Trainerposten wie bereits in Paderborn?

    Effenberg: Zurzeit fühle ich mich in meiner Position sehr wohl. Wenn mal irgendetwas kommen sollte, sage ich nicht nein. Reden kann man immer.

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