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Interview: Ex-DEB-Trainer Marco Sturm geht von Olympia ohne NHL-Spieler aus

Interview

Ex-DEB-Trainer Marco Sturm geht von Olympia ohne NHL-Spieler aus

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    Ex-DEB-Coach Marco Sturm glaubt nicht daran, dass NHL-Profis bei Olympia dabei sein werden.
    Ex-DEB-Coach Marco Sturm glaubt nicht daran, dass NHL-Profis bei Olympia dabei sein werden. Foto: Marcel Kusch/dpa

    Das Coronavirus schickt sich an, auch die Olympischen Winterspiele durcheinanderzuwirbeln. Vor allem das olympische Eishockeyturnier könnte ganz anders aussehen als geplant. Grund ist, dass in der nordamerikanischen NHL reihenweise Spiele verschoben werden müssen. Die NHL hat für die kommenden Tage gleich 13 weitere Partien abgesagt.

    In Kürze soll es eine Entscheidung zur Olympia-Teilnahme der Eishockey-Profis geben. Vieles deutet darauf hin, dass die beste Eishockey-Liga der Welt erneut keine Profis zu den Winterspielen schicken wird. Dabei hatte es ursprünglich – anders als vor vier Jahren in Pyeongchang – eine Zusage gegeben. Aus Deutschland würde das unter anderem Leon Draisaitl (Edmonton), Tim Stützle (Ottawa), Philipp Grubauer (Seattle), Moritz Seider (Detroit) oder auch den gebürtigen Augsburger Nico Sturm (Minnesota) betreffen.

    Ex-DEB-Coach Sturm zu Olympia mit NHL: "Gehe nicht davon aus"

    2018 war Marco Sturm Bundestrainer und holte mit der DEB-Auswahl völlig überraschend Silber. Inzwischen arbeitet er als Assistenz-Trainer für den NHL-Klub Los Angeles Kings. Unserer Redaktion sagte er: „Die Zeit drängt und langsam muss man sicherlich eine Entscheidung treffen. Momentan gehe ich eher nicht davon aus, dass NHL-Spieler bei den Olympischen Spielen auf dem Eis stehen werden.“ Denn für die Klubs wäre es ein harter Schlag, „wenn einer ihrer Spieler in Peking positiv auf das Coronavirus getestet werden würde. Wobei davon ja nicht nur die NHL-, sondern beispielsweise auch die DEL-Vereine betroffen wären“, sagt Sturm.

    Man dürfe zudem nicht vergessen, dass die Winterspiele bis Ende Februar gehen. Bis hinein also in die heiße Phase der Saison, in der es um die Play-off-Plätze und dann auch in die K.o.-Duelle geht. „Wenn dann ein Klub auf einen oder mehrere Spieler verzichten muss und deshalb zum Beispiel die Play-offs verpasst, hätte dies zweifelsohne deutliche finanzielle Auswirkungen“, fürchtet Sturm. Andere Belange dürften im Millionen-Business NHL eine eher untergeordnete Rolle spielen. Denn auch der Ex-Bundestrainer findet: „Rein sportlich betrachtet, sollten meiner Meinung nach immer die besten Spieler teilnehmen. Daher wäre es natürlich extrem schade, wenn es auch diesmal mit den NHL-Profis nicht klappen würde.“

    Schon jetzt wird es in der NHL immer schwieriger, Nachholtermine zu finden

    Ein Problem auch, dass es immer schwieriger wird, Termine für all die verschobenen Spiele zu finden. Sturm: „Das liegt in erster Linie an den Arenen. Jeder, der seine Halle beispielsweise noch mit einer Basketball-Mannschaft teilt – bei uns sind es mit den Lakers und Clippers sogar zwei – der hat diesbezüglich überhaupt keine Chance, da die ganzen Termine ja schon über ein Jahr lang feststehen. Auch Konzerte finden in diesen Arenen statt.“ Neben einem Verzicht auf Olympia bliebe „wohl nichts anderes übrig, als einen Großteil dieser Begegnungen nach hinten zu verschieben und die Play-offs zu verlängern“.

    Eine Unterbrechung der laufenden Saison lehnt die NHL bisher ab. Bis zu den Feiertagen werden 40 Partien abgesagt worden sein. Von diesen seit Saisonstart verschobenen Partien sind zwischenzeitlich erst zwei nachgeholt worden. Deswegen und wegen der Unsicherheit infolge der sich ausbreitenden Omikron-Variante des Coronavirus sei man in Gesprächen, ob die NHL-Profis an den Winterspielen teilnehmen werden, teilte die NHL am Sonntag zusammen mit der Spielergewerkschaft mit. Es habe zuletzt zwar viele positive Tests bei Spielern, Trainern und Betreuern der Teams gegeben, aber „die Zahl der Positivfälle, die zu besorgniserregenden Symptomen oder ernsthafter Krankheit geführt“ haben, sei niedrig, begründete die beste Eishockey-Liga der Welt ihr Festhalten am Spielbetrieb. Nach Informationen der US-Nachrichtenagentur AP waren am Sonntagabend mindestens 75 Profis nicht einsatzfähig. Vermeiden will die Liga in nächster Zeit grenzüberschreitende Reisen zwischen Kanada und den USA und hat deswegen alle davon betroffenen Partien bis Weihnachten abgesagt.

    Marco Sturm führte die deutsche Nationalmannschaft bei Olympia 2018 zur Silbermedaille.
    Marco Sturm führte die deutsche Nationalmannschaft bei Olympia 2018 zur Silbermedaille. Foto: Maximilian Haupt/dpa

    Für das DEB-Team wäre eine NHL-Absage nicht schlecht, glaubt Sturm

    Sollte nun also die NHL auf Olympia verzichten, böte sich dem aktuellen Bundestrainer Toni Söderholm eine ähnliche Situation wie seinem Vorgänger Sturm. Der hatte aus vorzugsweise in der DEL tätigen Profis eine Mannschaft geformt, die in Pyeongchang bis ins Finale stürmte – der größte Erfolg in der Historie deutscher Nationalteams. „Das sind natürlich immer noch wunderschöne und unvergessliche Erinnerungen, obwohl es ja doch schon wieder ziemlich lange her ist“, sagt Sturm. Zwar würde es auch die deutsche Mannschaft schwächen, müsste sie auf ihre NHL-Stars verzichten.

    Im Vergleich zu anderen Top-Nationen wäre der Aderlass aber nicht ganz so dramatisch. Sturm: „Mittlerweile ist es einfach so, dass wir uns als deutsche Nationalmannschaft vor keinem Gegner mehr verstecken müssen – und ich meine wirklich keinem. Egal ob es ein russisches oder kanadisches Team ist, ich sehe niemanden, der deutlich besser ist als wir. Gerade ohne die NHL-Spieler wäre bei einem solchen Turnier wieder alles möglich.“

    Lesen Sie hier das komplette Interview mit Marco Sturm.

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