Viele Probleme lassen sich darauf herunterbrechen, dass Konfliktparteien nicht wissen, welcher der beiden Denkschulen sie sich anschließen sollen. Auf der einen Seite hat in Hans-Hubert Vogts einer der letzten großen Denker des Fußballs die Reinheit des Sports postuliert. „Hass gehört nicht ins Stadion. Die Leute sollen ihre Emotionen zu Hause in den Wohnzimmern mit ihren Frauen ausleben“, ist die Verlagerung von Streitigkeiten in den privaten Bereich das Destillat seiner Überlegungen. Der Prämisse des Mannes, der aufgrund seiner Geisteskraft „Terrier“ genannt wurde, steht jene Gruppe gegenüber, die von jeher der Meinung ist, dass in den Feldern des Krieges und der Liebe alles erlaubt sei. Im Sport kumulieren diese beiden ja nur auf den ersten Blick sich entgegenstehenden Begriffe.
Im Gegeneinander wird das Miteinander gefeiert. Im Zuge dessen seien auch Tätigkeiten gestattet, die im Regelbuch auf der Verbotsliste stehen. Dopingsünder beispielsweise sind Anhänger jener Denkschule. Den denkenden Terrier Berti hingegen kann man sich als prinzipientreuen Athleten vorstellen, der Verfehlungen geahndet wissen will. Auf welcher Seite sich die Zweitliga-Handballer des VfL Lübeck-Schwartau aufhalten, ist noch nicht letztinstanzlich geklärt, eine leichte Tendenz allerdings ist vermeintlich zu erkennen.
Lübeck-Schwartau hat noch einen Angriff
Am Wochenende lag die Mannschaft wenige Sekunden vor Schluss gegen den HC Elbflorenz mit einem Tor zurück. Elbflorenz passt sich wunderbar in den vorliegenden Gewissenskonflikt ein, ward doch dereinst Florenz auch als „Athen Italiens“ bekannt. Und in Athen wurde bekanntermaßen so viel gedacht, dass es sinnlos gewesen wäre, Eulen dorthin zu tragen. Von Terriern in Athen ist nichts bekannt. Die Lübecker jedenfalls nahmen ihren Torwart zugunsten eines weiteren Feldspielers vom Parkett. Wie die Fernsehbilder zeigten, führten sie allerdings ihren letzten Angriff mit acht Spielern durch, obgleich das Regelwerk eine maximal gültige Spieleranzahl von sieben ausweist.
Die TV-Aufzeichnung lässt zumindest vermuten, dass dem Trainer der Heimmannschaft die deutliche numerische Überzahl nicht verborgen geblieben ist. Den Schiedsrichtern allerdings schon. Weil jener ultimative Angriff auch noch von Erfolg gekrönt war, freuten sich die Lübecker letztlich über einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf.
Der nimmt in jeder Sportart Anleihen aus der Kriegsrhetorik. Selbstverständlich dürfe man die Flinte nicht ins Korn werfen, die Stärke der Truppe wird immerzu beschworen und letztlich müsse man in eine Schlacht ziehen. Als solch eine empfindet manch einer auch die Ehe. Berti Vogts und seine Frau trennten sich 2003.
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