Manch einer mag es Ungeduld nennen. Doch das wäre grundlegend falsch. Denn es hört sich nach einem Laster an. Bei Renars Uscins aber ist es eine Tugend. Er möchte die Chancen nutzen, die sich ihm bieten. Weshalb der Rückraum-Linkshänder der deutschen Handball-Nationalmannschaft nicht gerne hört, dass er mit seinen 22 Jahren ja noch Zeit habe.
Zeit für eine Heim-EM. Zeit für eine Olympia-Teilnahme. Zeit für eine Olympia-Medaille. Das alles hat er schon erreicht. Und zwar im vergangenen Jahr. Weil er eben keine Zeit hat. Ehrgeizig ist. Sich nicht aufhalten will. Und stets nach dem Maximum strebt. Alles andere ist untypisch für ihn. Oder wie er es formuliert: „Es passt nicht zu meinem Mindset.“ Also zu seiner Denk- und Herangehensweise, die er konkretisiert „Ich wollte schon immer so früh wie möglich meine beste Leistung zeigen. Ansonsten wäre ich jetzt auch nicht hier.“
Renars Uscins wurde in Lettland geboren
Mit „hier“ meint der 22-Jährige ganz allgemein erst einmal die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB). Und ganz konkret gilt „hier“ momentan für die norwegische Hauptstadt Oslo, wo sich das Team von Bundestrainer Alfred Gislason gerade aufhält und im WM-Viertelfinale am Mittwoch (20.30 Uhr/live in der ARD) auf Portugal trifft.
Damit die Mannschaft das Halbfinale erreicht, wird es nicht zuletzt auf Uscins selbst ankommen. Der in Lettland geborene Rückraumspieler entstammt wie auch seine Nationalmannschaftskollegen David Späth, Justus Fischer und Nils Lichtlein jener goldenen Generation, die 2023 mit der U 21 Weltmeister wurde. Seinen kometenhaften Aufstieg setzte er anschließend bei Gislason fort, was ihn zur neuen Boom-Aktie des deutschen Handballs macht. Im DHB-Team ist er unersetzbar, für ihn gibt es keine adäquate Alternative im Kader. Weshalb die Deutschen ihn brauchen. Seine Tore. Und seinen Mut.
Um zu verstehen, wie wichtig dieser Mann ist, reicht ein Blick auf die Zahlen: Bei der WM ist er mit bislang 31 Treffern bester deutscher Torschütze – obwohl er zuletzt gegen Tunesien gar nicht zum Einsatz kam und geschont wurde. Seine Leistungen sind allerdings nicht so konstant überragend wie im vergangenen Jahr, auch wenn eine Trefferquote von 58 Prozent keinesfalls schlecht ist. Aber eben auch nicht die Weltklasse, die er 2024 fast durchweg zeigte. Wenn man so will, ist Uscins also gerade ein Opfer seines eigenen Erfolgs. Er hat die Messlatte für sich selbst sehr hoch gelegt. Mit gerade einmal 22 Jahren.
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