Schlägt Titelverteidiger SC Magdeburg erneut zu oder Rekordmeister THW Kiel zurück? Feiert die SG Flensburg-Handewitt ein Meister-Comeback oder der frischgebackene Supercup-Gewinner Füchse Berlin die erste Meisterschaft? Selten schien der Ausgang des Titelrennens in der Handball-Bundesliga so offen wie in der 59. Spielzeit. «Es wird einen Dreikampf oder sogar einen Vierkampf geben», prophezeite Bundestrainer Alfred Gislason vor dem Auftakt am Donnerstag.
In der Pole Position sieht der 64 Jahre alte Isländer seinen Ex-Verein Magdeburg und Flensburg. Beide Teams verfügen seiner Ansicht nach über einen «sehr breiten und guten Kader». Aufgrund der aktuellen Verletzungsprobleme beim SCM schiebt Gislason den Norddeutschen sogar die minimale Favoritenrolle zu.
Flensburg mit fünf Olympiasiegern
Die nimmt der Sportliche Leiter Ljubomir Vranjes an. «Wir haben den Kader und die Kompetenz, um ganz oben mitzuspielen. Wir wollen Meister werden. Aber wir müssen auch Geduld haben», sagte er. Immerhin stehen gleich fünf dänische Olympiasieger und Silber-Gewinner Johannes Golla im Aufgebot.
Für Füchse-Sportvorstand Stefan Kretzschmar, der sein eigenes Team nur auf Rang vier tippt, ist der Flensburger Kader «ein Brett. Die Mannschaft ist Hammer, ohne Schwachstelle.» SG-Trainer Nicolej Krickau sieht den Vorjahres-Dritten dennoch nicht als heißen Meisteranwärter: «Damit müssen wir uns nicht beschäftigen, nachdem wir in der letzten Saison zwölf Minuspunkte mehr hatten als die Spitze», wiegelte der Däne ab.
Kiel bereit zum Angriff auf die Spitze
Noch weiter zurück lag in der Vorsaison der auf Rang vier abgestürzte Rekord-Champion aus Kiel, der mit der Rückhol-Aktion von Nationaltorwart Andreas Wolff aus Kielce den spektakulärsten Sommer-Transfer tätigte. Zudem wechselten der Ungar Bence Imre, der Däne Emil Madsen und Lukas Zerbe an die Förde. «Mit ihnen haben wir uns massiv verstärkt», stellte Kiels Aufsichtsratschef Marc Weinstock zufrieden fest.
THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi sieht die Mannschaft für die Saison vor dem Auftakt bei den Rhein-Neckar Löwen am Donnerstag (20.30 Uhr/Dyn) gut gerüstet: «Wir sind bereit, uns der starken Konkurrenz zu stellen.» Daran glaubt auch Wolff, der schon von 2016 bis 2019 das THW-Tor hütete und wie immer große Ziele verfolgt. «Meine Mission hier in Kiel ist noch nicht abgeschlossen: Mindestens eine deutsche Meisterschaft – es dürfen in den kommenden Jahren aber gerne auch noch mehr werden», sagte der 33-Jährige.
Ein gewichtiges Wort im Titelkampf möchte auch Double-Gewinner SC Magdeburg mitreden. Beim Meister und Pokalsieger knirscht es derzeit allerdings ein wenig. «Das war nicht das, was wir leisten können. Wir müssen schauen, dass wir ordentlich in die Bundesliga kommen», sagte Geschäftsführer Marc-Hendrik Schmedt nach der jüngsten 30:32-Niederlage im Supercup gegen die Füchse Berlin. Meistertrainer Bennet Wiegert, der einige Ausfälle kompensieren muss, klagte: «Wir haben noch einiges zu tun für die Saison und bräuchten mehr Zeit. Aber die haben wir nicht.»
Hohe Belastung nach Olympia
Was alle Topvereine eint, ist die Sorge um eine zu hohe Belastung durch die Olympischen Spiele. Die erste Quittung gab es bereits in Form etlicher verletzter Spieler. «Ich will nicht jammern, aber die Vorbereitungszeit war wegen Olympia und den Verletzungsproblemen sehr kompliziert», sagte Kiels Trainer Filip Jicha. Für Wiegert war die Saisonvorbereitung aus diesen Gründen sogar eine «Vollkatastrophe».
Weitere Ausfälle drohen durch die bevorstehende Dreifachbelastung. «Eine olympische Saison ist extrem schwierig für die Clubs», räumte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann mit Blick auf die viel zu kurze Regenerationszeit in diesem Sommer und den engen Terminkalender ein.
Das könnte die Chance für einige Teams aus der zweiten Reihe sein, sich stärker in den Fokus zu schieben. Nach Ansicht von Bohmann haben die TSV Hannover-Burgdorf mit Deutschlands Shootingstar Renars Uscins, die MT Melsungen, der VfL Gummersbach und die Rhein-Neckar Löwen mit DHB-Regisseur Juri Knorr «das Potenzial, in die Phalanx der vier Topteams einzudringen.» Spannung scheint also garantiert.
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