Bundestrainer Alfred Gislason schaute entspannt zu, als die deutschen Handballer nach der erfolgreichen Generalprobe gegen Island von den Fans mit stehend dargebrachten Ovationen zur Weltmeisterschaft verabschiedet wurden.
Beim 33:31 (19:14) gegen den EM-Sechsten am Sonntag in Hannover überzeugte die DHB-Auswahl mit Spielfreude, Teamwork und Leidenschaft und weckte Lust auf die am kommenden Mittwoch beginnende Endrunde in Polen und Schweden.
"Man hat gesehen, dass der erste Anzug schon sehr gut passt, die Breite aber ein wenig fehlt", analysierte Gislason. "Wir haben noch viel Luft nach oben und werden uns jetzt intensiv auf Katar vorbereiten." Der Asienmeister ist am Freitag in Kattowitz der deutsche Auftaktgegner in der Vorrundengruppe E, in der Serbien und Algerien die weiteren Rivalen sind.
Knorr und Wolff glänzen
Trotz fehlender Konstanz über 60 Minuten und vieler Fehler holte sich die DHB-Auswahl mit dem Auftritt vor 10.043 Zuschauern in der ausverkauften ZAG-Arena, bei dem vor allem Torwart Andreas Wolff mit zahlreichen Paraden und Spielmacher Juri Knorr als bester Werfer mit 13 Toren glänzten, Selbstvertrauen für die WM. "Wir haben eine gute Mannschaft. Vielleicht können wir bei der Endrunde eine Welle erwischen und uns in einen Flow spielen", sagte Knorr.
Anders bei der ebenso unnötigen wie ärgerlichen 30:31-Niederlage am Vortag, bei der die deutsche Mannschaft einen Sechs-Tore-Vorsprung verspielte, war die DHB-Auswahl im zweiten Duell mit den Isländern gleich zu Beginn hellwach. "Es tut natürlich gut, die Vorbereitung mit einem Sieg abzuschließen. Jetzt freuen wir uns, dass es endlich ernst wird", sagte Kapitän Johannes Golla.
Allerdings leisteten sich die Schützlinge von Bundestrainer Alfred Gislason erneut einige Schwächephasen. "Das muss uns eine Warnung sein", mahnte Golla. Zudem erlitt Rückraumspieler Kai Häfner eine Knieblessur. "Es scheint eine Prellung zu sein", berichtete Gislason. "Ich hoffe nicht, dass er jetzt einige Tage ausfällt."
Offenkundige Mängel
Die Mängel im deutschen Spiel waren offenkundig. Die Abwehr bekam die flinken Wikinger öfter nicht zu fassen. Dabei hatte Gäste-Trainer Gudmundur Gudmundsson auf den Einsatz seiner Stars Aron Palmarsson und Omar Ingi Magnusson verzichtet.
Besser lief es im Angriff, wo Knorr erneut gekonnt die Fäden zog. Der 22-Jährige von den Rhein-Neckar Löwen war kaum zu stellen und erwies sich bei den Siebenmetern als sicherer Vollstrecker. Schon im ersten Duell hatte der Jüngste im deutschen WM-Kader als Vorbereiter und Vollstrecker geglänzt. "Er hat viel Erfahrung sammeln können und ein noch besseres Spiel gemacht", lobte Gislason.
Mitte der ersten Halbzeit zog das DHB-Team, in dem Wolff einmal mehr ein starker Rückhalt war, beim 14:9 (21.) auf fünf Tore davon. Kurz vor der Pause parierte der 31-Jährige noch einen Siebenmeter, sodass die Gastgeber das komfortable Polster in die Kabine mitnahmen.
Nach dem Wechsel rückte Joel Birlehm für Wolff zwischen die Pfosten. Auch sonst nahm Gislason einige personelle Wechsel vor. Und wieder ging der Rhythmus verloren. Beim 23:22 (39.) war der Vorsprung fast verspielt, was den Bundestrainer zu einer frühen Auszeit veranlasste. Kurz darauf fiel trotzdem der Ausgleich.
Nun war es ein Duell auf Augenhöhe, in dem Wolff zwischen die Pfosten zurückkehrte und der Abwehr wieder mehr Sicherheit gab. Das zahlte sich am Ende aus, denn in der Schlussphase behielten seine Vorderleute die Nerven und brachten den Sieg nach Hause.
Am Samstag hatte der EM-Siebte in Bremen einen möglichen Sieg noch leichtfertig aus den Händen gegeben, woran Gislason nicht ganz unschuldig war. Der 63 Jahre alte Isländer hatte Mitte der zweiten Halbzeit angesichts einer klaren 23:17-Führung fast das komplette Personal ausgewechselt und musste anschließend konstatieren: "Was ärgerlich ist: Wir verschenken ein eigentlich gewonnenes Spiel. Man hat gesehen, dass der zweite Anzug noch nicht so sitzt."
Vor 8872 Zuschauern in der ausverkauften ÖVB-Arena waren Kapitän Golla und Knorr mit jeweils sechs Toren beste Werfer für das DHB-Team. "Es ist schon ärgerlich, dass dieses Ergebnis auf der Anzeigetafel steht", haderte Knorr nach dem Abpfiff mit dem Ausgang der Partie. "Wir machen ein tolles Spiel, am Ende aber zu viele Fehler." Das soll bei der WM vermieden werden.
(Von Eric Dobias, dpa)