Keine zehn Minuten dauert die Fahrt von der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm auf die andere Seite der Donau zum Maritim-Hotel. Doch die gut vier Kilometer bis zu ihrer Unterkunft haben die deutschen Handballerinnen voll ausgekostet. Als sich die Türen des Mannschaftsbusses auf dem Parkplatz der Sporthalle am Samstagnachmittag geschlossen hatten, begann die große Party. Es wurde geklatscht, gesungen, gefeiert - und auch die eine oder andere Freudenträne verdrückt. Später gab es vor dem Hotel noch die obligatorische Sektdusche. Mit zwei Siegen gegen Slowenien (31:25) und Montenegro (28:24) hatten die Frauen das Ticket für die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris schon vorzeitig gelöst. Das abschließende dritte Spiel am Sonntagmittag gegen Paraguay gewann die DHB-Auswahl locker mit 37:20. Jenny Behrend, in der Bundesliga beim Spitzenteam SG BBM Bietigheim aktiv, sagte: "Mein Herz strahlt einfach nur. Ich habe Gänsehaut, das ist das Allergrößte für mich."
"Als kleines Kind habe ich davon geträumt"
Mit diesen Glücksgefühlen stand die 28-Jährige am Wochenende freilich nicht alleine da. Xenia Smits, eine der Leistungsträgerinnen im deutschen Team, meinte: "Als kleines Kind habe ich davon geträumt." Ihre Situation ist besonders, denn sie ist eigentlich gebürtige Belgierin, wechselte 2008 in ein Handball-Leistungszentrum nach Deutschland und wurde schließlich eingebürgert. In Neu-Ulm erzählte sie: "Ich habe für mich die Möglichkeit, zu den Olympischen Spielen zu kommen, mit der belgischen Nationalmannschaft nicht so richtig gesehen. So habe ich dann die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen und bin jetzt extrem stolz, eventuell Teil dieses Teams zu sein, das zu Olympia fährt. Es ist einfach ein riesengroßer Traum."
Geschenkt bekamen sie das Ticket für Paris aber nicht. Die beiden Schlüsselspiele gegen Slowenien und Montenegro waren die erwartet schweren Duelle auf Augenhöhe. Gegen die Sloweninnen waren die DHB-Frauen von Beginn in Führung - und gaben den Vorsprung bis zum Schluss nicht aus der Hand. Bis zur Pause war die Partie beim Zwischenstand von 17:14 allerdings noch knapp und hart umkämpft. In der zweiten Hälfte legte Deutschland einen Zahn zu. Julia Maidhof mit neun Treffern und Torhüterin Katharina Filter waren die beiden herausragenden Akteurinnen.
Beide drückten auch dem zweiten Spiel am Samstag gegen Montenegro ihren Stempel auf. Maidhof absolvierte ihr 50. Länderspiel für den DHB und machte sich mit erneut neun Treffern selbst das schönste Geschenk für diesen persönlichen Meilenstein. Zur "Spielerin des Tages" wählten die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Arena allerdings erneut Torfrau Katharina Filter, die in der ersten Hälfte auf eine beeindruckende Quote von 57 Prozent gehaltener Würfe kam. Gegen das Temperament und die Härte der Gegnerinnen aus Montenegro tat sich Deutschland lange schwer, beim Stand von 27:21 fünf Minuten vor Ende war die Partie aber entschieden.
Lob für Neu-Ulm als Austragungsort des Qualifikationsturniers
"Dieses Wochenende war beste Werbung fürs Frauen-Handball", sagte Axel Kromer, Sportvorstand beim Deutschen Handball-Bund. Die Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena habe den perfekten Rahmen dafür geliefert, meinte er weiter. Jeweils über 4000 Fans in allen drei Spielen verliehen der Mannschaft um Trainer Markus Gaugisch den nötigen Rückenwind. Und so meinte Xenis Smits: "Wir werden Neu-UIm in bester Erinnerung behalten." Das olympische Turnier, für das sich neben den Handballerinnen auch die deutschen Männer qualifiziert haben, findet vom 25. Juli bis 11. August in Paris und Lille statt.