Gekämpft, teilweise geglänzt und doch nichts gewonnen: Deutschlands Handballer haben ihre erste Reifeprüfung bei der Heim-EM trotz einer starken Leistung nicht bestanden und den ersten Stimmungsdämpfer hinnehmen müssen. Die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason verlor das letzte Vorrundenduell gegen Olympiasieger Frankreich mit 30:33 (15:17) und geht als Gruppenzweiter ohne Pluspunkt in die Hauptrunde, wo sie im Kampf um den Einzug ins Halbfinale mächtig unter Druck steht.
Zum Auftakt der zweiten Turnierphase trifft die DHB-Auswahl in Köln auf Island. Die ersten Zwei der Sechsergruppe lösen das Ticket für die Vorschlussrunde. Vor 13.571 Fans in der ausverkauften Berliner Mercedes-Benz Arena, von denen viele die anwesende Polit-Prominenz um Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Pfiffen bedachten, war Juri Knorr mit acht Toren bester Werfer für die DHB-Auswahl. Die verpasste durch die erste Turnier-Niederlage die Revanche für das bittere 28:35 im WM-Viertelfinale vor einem Jahr und zudem eine gute Ausgangsposition für den weiteren Verlauf der Medaillen-Mission.
Karabatic demonstriert seine Klasse
"Wir müssen eines unserer besten Spiele der letzten Zeit machen", hatte Gislason vor der Partie gefordert und zugleich bekräftigt: "Alle freuen sich auf dieses Spiel und wissen, was sie können."
Und seine Schützlinge lieferten zu Beginn. Im Tor lief Routinier Andreas Wolff gleich heiß und parierte die ersten drei Würfe der Franzosen. Seine Vorderleute nutzten dies zu einer schnellen 3:0-Führung.
Doch der mit etlichen Weltklassespielern besetzte WM-Zweite des Vorjahres ließ sich dadurch ebenso wenig beeindrucken wie von der lautstarken Kulisse. Der Titelanwärter arbeitete sich langsam in die Partie hinein und lag nach elf Minuten beim 7:6 erstmals vorn.
Mitte der ersten Halbzeit kam Altstar Nikola Karabatic und sorgte für neue Gefahr aus dem Rückraum. Der 39-Jährige, der in seiner glanzvollen Karriere dreimal Olympia-Gold sowie vier WM- und drei EM-Titel gewann, demonstrierte in einigen Aktionen seine Klasse.
Späth pariert zwei Siebenmeter
Doch auch die deutsche Mannschaft hatte einiges zu bieten. Vor allem Regisseur Knorr war ein ständiger Unruheherd. "Jedes Mal, wenn ich gegen die Franzosen mit ihren Weltklasseleuten spiele, denke ich: krass, krass, krass. Ich will zeigen, dass ich da mithalten kann", hatte Knorr angekündigt.
Und er hielt Wort, auch wenn nicht alles gelang. Der 23-Jährige vom Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen war Vorlagengeber und Vollstrecker in Personalunion und trieb das deutsche Spiel immer wieder an.
So blieb es ein Duell auf Augenhöhe, zumal Deutschland mit David Späth ein weiteres Torwart-Ass im Ärmel hatte. Der U21-Weltmeister parierte in der ersten Halbzeit zwei Siebenmeter und sorgte damit für weitere Emotionen auf dem Parkett und den Rängen.
Deutschland gegen Frankreich bei der Handball-EM: Fehlende Cleverness in der Schlussphase
Und doch ging das DHB-Team mit einem Zwei-Tore-Rückstand in die Pause, weil sich in der Schlussphase der ersten Halbzeit einige leichte und unnötige Fehler einschlichen. "Es ist ein unglaubliches Kampfspiel mit einem Wahnsinnstempo. Wir haben noch alle Chancen und müssen daran glauben", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer in der Halbzeitpause.
Danach sah es zu Wiederbeginn erst einmal nicht aus, denn die Franzosen zogen sogar auf vier Tore davon. Deutschland blieb aber dran und ließ den Favoriten nicht davonziehen. Zehn Minuten vor Ultimo war beim 27:27 weiter alles offen. Doch in der Schlussphase fehlten die Cleverness und das nötige Quäntchen Glück. (Von Eric Dobias und Jordan Raza, dpa)