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Handball: Bundesliga-Trainer Mayerhoffer: Müssen alle dazu beitragen, zu überleben

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Bundesliga-Trainer Mayerhoffer: Müssen alle dazu beitragen, zu überleben

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    Im März wurde die Saison abgebrochen, nun hofft Trainer Hartmut Mayerhoffer darauf, dass er mit Frisch Auf Göppingen wieder in der Handball-Bundesliga spielen darf.
    Im März wurde die Saison abgebrochen, nun hofft Trainer Hartmut Mayerhoffer darauf, dass er mit Frisch Auf Göppingen wieder in der Handball-Bundesliga spielen darf. Foto: Imago

    Im Frühjahr nahm die Bundesliga ein abruptes Ende. Wie groß ist die Vorfreude auf die kommende Spielzeit, die am 1. Oktober beginnt?

    Hartmut Mayerhoffer: Groß, weil wir wissen, wie es sich ohne Bundesliga anfühlt. Plötzlich durften wir nicht mehr trainieren und spielen, durften keine Mannschaftskollegen oder Vereinsmitarbeiter treffen. Wir wissen es wirklich sehr zu schätzen, wenn es wieder losgeht.

    Hatten Sie existenzielle Sorgen, als die Saison abgebrochen wurde?

    Hartmut Mayerhoffer: Jeder Arbeitnehmer hatte diese Sorgen. Unabhängig von der Gefahr für die Gesundheit plagten viele Vereine wirtschaftliche Existenzsorgen. Natürlich stellt man sich die Frage, was passiert, wenn sich das länger hinzieht. Vereine können nicht monatelang auf ihre Geschäftsgrundlage verzichten. Und das ist nun mal das Spielen vor Zuschauern.

    Wie schwierig war es, in dieser Phase positiv zu bleiben?

    Hartmut Mayerhoffer: Als Verantwortlicher muss man Positivität ausstrahlen, darf aber die Augen vor der Realität nicht verschließen. Wichtig war, einen Mittelweg zu finden. Wir haben versucht, die Spieler in Video-Meetings auf dem Laufenden zu halten. Transparenz war uns wichtig.

    Ihr Verein hat mit Kurzarbeit und Gehaltsverzicht auf die Krise reagiert. Wie ist der Stand jetzt?

    Hartmut Mayerhoffer: Wir müssen im Verein alle dazu beitragen, zu überleben. Anfang Juli, mit Beginn der Vorbereitung, wurde die Kurzarbeit aufgehoben. Die Spieler haben mit dem Verein vereinbart, weiterhin auf Gehalt zu verzichten. Wenn abzusehen ist, dass die Saison in geregelten Bahnen läuft, werden weitere Gespräche geführt. Wir hoffen alle, dass sich auch diesbezüglich Normalität einstellt.

    Wegen der TV-Einnahmen konnte der Fußball seine Saison beenden. Wie sehen Sie die aktuelle Neiddebatte?

    Hartmut Mayerhoffer: Unter anderen Hallensportarten habe ich eine hohe Solidarität festgestellt. Handball, Eishockey, Volley- und Basketball haben gemeinsam Konzepte entwickelt. Alles ist sehr transparent. Auch den Zusammenhalt unter den Vereinen empfand ich als sehr positiv. Von Neid gegenüber dem Fußball bin ich weit entfernt. Natürlich hat der Fußball die finanziellen Mittel, Hygienekonzepte schneller umzusetzen. Aber warum sollen die Spiele nicht stattfinden, wenn das Ansteckungsrisiko gering bleibt? Ich begrüße das Vorgehen, andere Sportarten können profitieren und lernen.

    Aktuell dürfen 20 Prozent der Zuschauerkapazität genutzt werden. Eine gerechte Lösung?

    Hartmut Mayerhoffer: Ja, da alle Vereine mit dieser Lösung die gleichen Voraussetzungen haben. Natürlich wird es in der Durchführung schwierig werden, da es regionale Unterschiede gibt und Behörden vor Ort je nach Infektionszahlen entscheiden müssen. Bayern München hat diese Erfahrung ja am Wochenende gemacht.

    Im Fußball wird darüber diskutiert, das TV-Geld gerechter zu verteilen und dadurch die Voraussetzungen für kleinere Klubs zu verbessern. Im Handball bekommt jeder Klub gleich viel. Ist die Liga ausgeglichener?

    Hartmut Mayerhoffer: Nein, die TV-Gelder haben in unserer Sportart nicht den hohen Stellenwert wie im Fußball. Erfolgreiche Klubs wie Kiel oder Flensburg haben sich über Jahre hinweg durch Marketing, Sponsoren und ihre ausverkauften Hallen ganz andere Rahmenbedingungen geschaffen.

    Zum Sportlichen. Kiels Trainer Jicha glaubt, es werde nach der Corona-Pause überraschende Ergebnisse geben, weil die Spieler den Wettbewerb nicht mehr gewohnt sind. Sehen Sie das ähnlich?

    Hartmut Mayerhoffer: Gut möglich. Nach fünfmonatiger Pause fehlt die Wettkampfpraxis, mit der allerdings jedes Team zu kämpfen hat. Viel mehr ins Gewicht fällt meiner Meinung nach die ungewohnte Publikumssituation. Die Stimmung in eigener und fremder Halle wird eine andere sein. Diese kann natürlich zu ungewöhnlichen Ergebnissen führen. Mein Team lebte von der Atmosphäre in der „Hölle Süd“ und wurde von den Zuschauern nach vorn getrieben. Es wird spannend, zu sehen, wie sich das mit weniger Zuschauerauslastung anfühlt.

    Im Herbst, als gute Ergebnisse ausblieben, hat der Klub Ihren Vertrag verlängert. Hat Sie das überrascht?

    Hartmut Mayerhoffer: Natürlich wird ein Trainer an Ergebnissen gemessen. Neben der Tatsache, dass wichtige Spieler verletzt ausgefallen sind, und dem Wissen darüber, ist, denke ich, insbesondere die Art und Weise meiner Arbeit in die Entscheidung, den Vertrag zu verlängern, mit eingeflossen. Hinzu kommt sicherlich noch ein vertrauensvolles Verhältnis zu Mannschaft und Verein.

    Göppingen hat ein erfolgreiches Jahrzehnt mit drei Europapokalteilnahmen hinter sich. Die Sehnsucht nach ähnlichem Erfolg ist im Umfeld groß.

    Hartmut Mayerhoffer: Ich verstehe die hohe Anspruchshaltung der Fans. Nur: Die Machtverhältnisse in der Liga haben sich verschoben. Wir haben einen kleineren Kader. Fallen wichtige Spieler aus, ist das schwer zu kompensieren. Zudem bauen wir verstärkt junge Spieler ein. Immer mehr Spieler aus unserem Nachwuchsleistungszentrum sind regelmäßig im Trainingsbetrieb und haben eine realistische Chance, bei uns erstklassig zu spielen. Ich glaube, es gibt wenige Vereine in der Bundesliga, die diese Jugendanschlussförderung so ernst betreiben wie wir. Wenn ich Champions League spielen will, muss ich einen anderen, weitaus kostspieligeren Weg gehen.

    Das heißt, Sie nehmen die Leistungsschwankungen eines Nachwuchsspielers in Kauf?

    Hartmut Mayerhoffer: Das muss einem bewusst sein, wenn man mit jungen Spielern arbeitet. Wir haben mit Janus Smarason aber auch einen isländischen Nationalspieler verpflichtet. Wir versuchen, eine Mischung zu finden und uns so weiterzuentwickeln.

    In Ihrer ersten Saison war Göppingen Achter, beim Saisonabbruch Elfter. Wo sehen Sie Ihre Mannschaft in der kommenden Spielzeit?

    Hartmut Mayerhoffer: Wir formulieren im Team unser Saisonziel nicht an einem Tabellenplatz, sondern arbeiten jeden Tag im Training hart daran, unsere Spielphilosophie weiterzuentwickeln. Außerdem gilt es, unsere Neuzugänge sowie die jungen Spieler zu integrieren.

    Zur Person

    Hartmut Mayerhoffer, 45, kam als Neunjähriger aus Rumänien nach Augsburg. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt in Leitershofen bei Augsburg. Als Handballer war er unter anderem für den VfL Günzburg in der zweiten Liga aktiv. Trainer war er beim TSV Aichach, der HSG Langenau und dem TSV Friedberg, ehe er ins Profilager wechselte. Mit Zweitligist Bietigkeim stieg er 2014 in die Bundesliga auf, seit Sommer 2018 trainiert er Erstligist Frisch Auf Göppingen.

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