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Glosse: Woran es dem Frauenfußball immer noch mangelt

Glosse

Woran es dem Frauenfußball immer noch mangelt

Tilmann Mehl
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    Drama können sie schon mal. Jetzt müssen sie es nur noch über Jahrzehnte hinweg ausschlachten.
    Drama können sie schon mal. Jetzt müssen sie es nur noch über Jahrzehnte hinweg ausschlachten. Foto: Sebastian Christoph Gollnow, dpa

    Frauen brauchen eben einfach länger. Sei es an der Ampel, wenn der Tritt aufs Gaspedal erst kurz vor der nächsten Rot-Phase erfolgt oder auch im sportlichen Bereich. Bis 1970 servierten sie ihren Männern lieber Bier und Schnittchen zur "Sportschau" statt sich vielleicht einfach selbst auf dem Rasen zu bewegen. Gut Ding, Weile und so. Haben sie dann auch gar nicht so schlecht gemacht. Europameisterinnen, Weltmeisterinnen, Olympiasiegerinnen. Nur interessiert hat es keinen. Und keine.

    Und wieder dauerte es länger, bis die Verantwortlichen endlich kapiert haben, wie der Sport für Zuschauer attraktiv zu gestalten ist. Der Durchbruch gelang mit der Final-Niederlage gegen England. Fast 18 Millionen Zuschauer und Zuschauerinnen verfolgten das Drama. Rekord . Möglich nur, weil die Frauen endlich die wichtigsten Zutaten eines richtigen Fußballspiels beigemischt haben.

    Das Zeitspiel der Engländerinnen: große Klasse

    Die Engländerinnen taten sich hervor durch kunstvolles Zeitspiel, wie es ansonsten nur von den Mannschaften Diego Simeones bekannt ist. Das ist es doch, warum die Fans ins Stadion gehen oder gebannt vor den Bildschirmen einschlafen. Wie viele Sekunden lassen sich mit einem Dribbling zur Eckfahne erschleichen? Wie naiv kann man dagegen vorgehen?

    Kein Drama ohne Fehlentscheidungen. Experten rümpften verständlicherweise die Nase, als die Verbände auch bei Partien der Frauen den Einsatz Video-Assistenten und -Assistentinnen beschlossen. Doch die Frauen lernten von den Besten. Den Männern.

    Der Versuch, eine mäßig talentierte Unparteiische mit der Leitung eines bedeutsamen Spiels zu betrauen, erinnert die Experten an die Versuche des Weltverbandes, bei Weltmeisterschaften der Männer mit Exoten an der Pfeife für Vielfalt zu werben. Derlei Ansetzungen sorgen immer wieder für heitere Diskussionen aufgrund waghalsiger Fehlentscheidungen. Der Video-Referee aber droht derlei Vergnügliches zu tilgen. Nicht so in Wembley. Mit welcher Nonchalance das Handspiel im Strafraum der Engländerinnen übersehen wurde: großartig. Aber klar, da waren ja auch Männer im Keller am Werk. Nun können die Deutschinnen an einer ähnlichen Legende stricken wie es die Herren seit 1966 erfolgreich tun.

    Wahrscheinlich aber fehlt es den Frauen einfach an der Ausdauer, sich über 50 Jahre darüber zu echauffieren, auf welchem Flecken Erde ein Ball aufgehüpft ist. Anfängerinnen.

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