Die Hoffnung, dass der Bundestagswahlkampf seine Fühler nicht auch noch in den Sport hineinstrecken werde, muss als geplatzt bezeichnet werden. In dezenten Großbuchstaben meldete der übertragende Fernsehsender am Donnerstagnachmittag per Pressemitteilung, dass MARKUS SÖDER AM SAMSTAGABEND EXPERTE UND CO-KOMMENTATOR BEIM TOPSPIEL DER 2. BUNDESLIGA NÜRNBERG GEGEN BRAUNSCHWEIG sein werde. Nun ist es ja so, dass es in der Politik nicht zwingend um Expertise geht, wenn Entscheidungen getroffen oder Posten vergeben werden müssen. So gesehen ist es nur folgerichtig, dass der bayerische Ministerpräsident „vor und nach dem Spiel als Experte am Spielfeldrand“ zur Verfügung stehen werde, wie es in der Meldung weiter heißt.
Markus Söder als Fußballexperte – und ein Kommentator als Unterstützer
Interessanterweise wollen sie Söder einen Kommentator zur Seite stellen. Ein Mann namens Oliver Forster soll also, so der Plan, die Partie kommentieren, flankiert von den Kommentaren des Landesvaters, der als „leidenschaftlicher Nürnberg-Fan“ angekündigt wird. Man darf gespannt sein, wie sich die Redeanteile zwischen Forster und Söder verteilen. Letztgenannter gilt ja, im Gegensatz zu den meisten Politikern, als zurückhaltender Gesprächspartner, dessen Stärke das Zuhören ist. Einer, der sensibel auf feinste Zwischentöne und Nuancen reagiert. Einer, der sich auch von Misserfolg und Rückschlägen nicht aus dem Konzept bringen lässt. Wie sonst ist seine Leidenschaft für den Club zu erklären, der selbsternannterweiße bisweilen gar ein Depp ist, wenn auch immer ein liebenswerter.
Während der Club also durch die Untiefen der 2. Bundesliga dümpelt, ist Söder Champions League, mindestens. Wohltuend, dass er dennoch nicht den Kontakt zur Basis verloren hat. Im Sommer schaute er beim Training der Nürnberger Profis vorbei und blieb zum Mittagessen mit der Mannschaft und Trainer Miroslav Klose. Im Newsletter der Bayerischen Staatsregierung ließ er sich danach mit den Worten zitieren, dass man die Dynamik und den neuen Teamgeist spüre. „Hauptsache, wir liegen am Ende vor Greuther Fürth. Und vielleicht klappt es ja sogar mit dem Aufstieg.“ Ersteres könnte tatsächlich gelingen, Fürth hat als Tabellenzwölfter derzeit nur einen Punkt mehr als Nürnberg. Aber das mit dem Aufstieg - schwierig. Mancher fordert deshalb gar schon, Söder möge Klose ablösen. Aber was soll er denn noch alles machen, der Landesvater? Irgendwann ist auch mal genug. Vielleicht können sie ihm am Samstag zumindest ein paar Tipps entlocken. Von einem Experten darf man das doch erwarten.
Nun ja, mit dem Clubb lassen sich schwerlich die Attribute des Siegers assoziieren. Das war in den 90ern noch anders, als Söder (bekennender FCB-Fan) und Waigel (Löwenfan) ein Derby in der Bundesliga (ja liebe Löwenfans, so was gab es mal) mit kommentierten. Für CSU-Granden war ja der BR immer offen, Hofberichterstattung eben. Klar war damals auch, Stoiber gewinnt und Waigel blieb, wie ab 1998 im realen politischen Leben auch, das Verliereretikett.
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