Früher war das mal ein ehrbarer, hoch angesehener Beruf. Im alten Rom genossen die Herren sogar Beamtenstatus. So lange ist es also her, da galt man als Beamter noch was. Die Auguren schauten den Vögeln beim Fliegen zu und zogen daraus Ableitungen für die Herrschenden, ob denn dieses oder jenes Vorhaben den Göttern auch wirklich genehm sei.
Jahrtausende später ist zwar die Vogelschau etwas aus der Mode geraten, nicht aber das Prophezeien, Interpretieren und Vorhersagen an sich. Der berühmteste Nachfolger der Flugviecher Jahrtausende später ist zwar die Vogelschau etwas aus der Mode geraten, nicht aber das Prophezeien, Interpretieren und Vorhersagen an sich. Der berühmteste Nachfolger der Flugviecher . Seitdem geben sich die tierischen Seher zwar nicht die Klinke in die Hand, aber dafür den Trog vor das Maul, den Schnabel oder womit man eben sonst so seine Nahrung aufnimmt.
In Dortmund tippt ein Oran-Utan auf die Ergebnisse der Fußball-EM
Für die Europameisterschaft sollen unter anderem Orang-Utan Walter im Dortmunder Zoo, der Münsteraner Tapir Theo und Dackel Ludwig aus München den Ausgang der Spiele vorhersagen. Sie werden das nach bestem Wissen, Gewissen und Hunger machen.
Nun verfügt nicht jedermann oder jederfrau über den Tierschutz entsprechende Haltungsmöglichkeiten, um Ackergaul, Delfin, Maulwurf oder andere Tiere mit prophetischem Talent zu halten. Um aber bei Tippspielen gut abzuschneiden, würde man sich gerne den Rat von animalischen Kündern einholen. Der eigenen Expertise wird nicht getraut. Aber natürlich sollen Kollegen und Freunde hinter sich gelassen und der Geldeinsatz um ein Vielfaches vermehrt werden. Wer nun nicht gerade einen Esel, eine Elster oder ein Schwein bei der Hand hat, fragt den befreundeten Sportjournalisten.
Der beschäftigt sich ja schließlich professionell (was ja nichts anderes bedeutet, als dass er Geld für seine Tätigkeit erhält) mit Fußball. So wie sich Kfz-Mechaniker professionell mit Autos beschäftigen – und trotzdem nur selten die nächste Reparatur vorhersehen können. Ein wirklich todsicherer Tipp: sich bloß nicht auf den Tipp von Reportern verlassen. Die schneiden bei redaktionsinternen Runden immer am schlechtesten ab. Weit hinter der siegreichen Sekretärin (die die Ergebnisse würfelt) oder dem unsportlichen Kulturjournalisten, der seine vierjährige Tochter tippen lässt.
Immerhin können die Sportjournalisten hernach wunderbar erklären, warum denn das Spiel so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Für Prophezeiungen aber ist das Getier weitaus besser geeignet.