Ganz zum Ende des Turniers musste der sich ansonsten in Zurückhaltung übende Gastgeber aber dann doch mal zeigen, unter welchem Dach diese Fußball-WM stattfand. Kurz vor der Siegerehrung befanden Fifa-Präsident Gianni Infantino und der Emir Katars, Tamim bin Hamad Al Thani, dass Argentiniens Superstar Lionel Messi den WM-Pokal nur in einem Bischt entgegen nehmen könnte. Dabei handelt es sich um traditionellen Umhang, den in Arabien Männer zu besonderen Gelegenheiten überwerfen.
Jetzt kann man das Tragen dieses statusträchtigen Gewands als Ehrerbietung der Gastgeber betrachten – oder als den Versuch Katars, die Siegerehrung erneut für die eigene Inszenierung zu nutzen. Schließlich ist auf allen Jubelbildern, die zukünftig vom neuen Weltmeister zu sehen sind, auch Messí mit dem Bischt zu sehen. Der Stürmer selbst schien nicht sonderlich erpicht auf die neue Garderobe zu sein, ließ die Prozedur aber mit der Gelassenheit eines Teenagers über sich ergehen, der vom Vater der Freundin die strengen Regeln fürs erste Date erklärt bekommt.
Warum soll die Siegerehrung nur den Siegern gehören?
Letztlich war der Bischt-Einsatz aber wie vieles bei dieser Weltmeisterschaft: einfach visionär. Denn es ist überfällig, dass auch der mediale Weißraum bei den Siegerehrungen endlich bespielt wird. Natürlich soll die Siegerehrung schon irgendwie den Siegern gehören – aber warum nicht auch den Gastgebern, Sponsoren und sonstigen Ehrenleuten?
Wenn in 18 Monaten der Fußball-Europameister gekürt wird, kann Gastgeber Deutschland ja zeigen, wie es mit dem Lerneffekt aussieht und dem Kapitän der siegreichen Mannschaft eine Lederhose aufzwingen. Soll jeder sehen: Wenn se tschörmens es schon sportlich nicht mehr schaffen, die erste Geige zu spielen – nach vorne drängeln geht aber noch! Und bei der Gelegenheit wird es ja wohl nicht zu viel verlangt sein, noch ein paar Sponsoren-Aufkleberchen anzuheften.
In Vollendung wird das Prinzip aber wohl erst bei der WM 2026 zu sehen sein, wenn die Marketing-Weltmeister aus den USA zusammen mit Mexiko und Kanada Ausrichter sind. Kann dann eigentlich nur ein Mountie-Kostüm mit Sombrero und Cowboystiefeln dabei herauskommen. Und nicht ausgeschlossen, dass auch die US-Politik auch da was dazu zu sagen hat.
Die nächsten Wahlen finden 2024 statt, ein gewisser Donald Trump will nochmals antreten. Kann es sein, dass man dann die WM 2022 doch als gar nicht so schlecht empfinden könnte?