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Glosse: Mannschaftskabinen wirken leider nur mystisch

Glosse

Mannschaftskabinen wirken leider nur mystisch

Tilmann Mehl
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    Unlängst wurde in der Cheops-Pyramide ein neuer Raum entdeckt.
    Unlängst wurde in der Cheops-Pyramide ein neuer Raum entdeckt. Foto: Ragah Kamel, doa

    Die Verpackung verspricht oft mehr, als der Inhalt halten kann. Weiß, wer sich schon mal auf die saftig dargestellte Pizza auf dem Karton gefreut hat und aus dem Ofen ein labbriges Teigeinerlei zieht. Oder BHs. Unterhosen. Freudvolles auspacken vor der großen Enttäuschung. Als würde man Weihnachten nach dem energischen Reißen durch Papierschichten nicht auf die gewünschte Playstation, sondern die auf CDs gepresste Gesamtausgabe Dieter Bohlens treffen.

    Aber selbstverständlich haben Verpackungen und Verkleidungen ihre Berechtigung. Sie entführen mitunter in die Welt der Mystik. Die Pyramiden beispielsweise sind ja nun nichts anderes als aufgemotzte Gräber. Aber eben sehr geheimnisvoll. Gerade erst entdeckten Forscher in der Cheops-Pyramide einen neuen Raum. Auch nach 4500 Jahren offenbart der Bau noch Geheimnisse. Ein wenig enttäuschend aber für alle, die Archäologie grundsätzlich mit Indiana Jones verbinden: Der Raum ist und war leer. Nix zu finden. Nicht mal Fußspuren am Boden. Diente offenbar einzig statischen Gründen. Sicherlich wichtig, aber eben auch ein wenig langweilig. Pythagoras lässt grüßen.

    Erwartung versus Realität: Die Profi-Umkleide unterscheidet sich kaum von der Kreisliga-Umkleide

    Die Pyramiden der Neuzeit sind die Kabinen des Profifußballs. Auch hier verspricht sich die Öffentlichkeit mehr, als es letztlich hinter den Mauern zu entdecken gibt. Wer halb nackte junge Männer beim Austausch unterhaltsamer Nichtigkeiten belauschen will, ist früher einfach ins Sonnenstudio gegangen. Die Profi-Umkleide unterscheidet sich nur in Nuancen von der Kreisliga-Umkleide. Eine davon ist der Umgang mit Geld. Kein Amateurkicker würde einen größeren Geldbetrag in der Kabine deponieren. Oft, weil er nicht wüsste, wo er ihn herbekommt.

    Wie nun bekannt wurde, ist aber den Profis des SV Werder Bremen vor mehreren Monaten aus der Kabine die Mannschaftskasse gestohlen worden. Inhalt: ein niedriger fünfstelliger Betrag. Die Mannschaftskasse umgibt eine ähnliche Mystik wie Kabine und Pyramide. Letztlich aber wird sie von den gleichen jungen Männern verwaltet, die man früher im Sonnenstudio getroffen hätte. Der Inhalt der Kasse wird nach der Saison meist auf einer sonnenverwöhnten Insel in alkoholische Getränke investiert. Dazwischen auch mal in labbrige Pizza. Kein Mysterium, aber stilecht. Im Vergleich zu einer Amateurmannschaft wird der Bremer Ausflug nicht an den finanziellen Möglichkeiten scheitern. 

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