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Glosse: Kein Witz: Russland bewirbt sich für EM 2028

Glosse

Kein Witz: Russland bewirbt sich für EM 2028

Johannes Graf
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    Das Luschniki Stadion in Moskau. Hier fanden 2018 Spiele der Fußball-WM statt. Nun will sich der russische Verband - trotz Krieg - für die EM 2028 bewerben.
    Das Luschniki Stadion in Moskau. Hier fanden 2018 Spiele der Fußball-WM statt. Nun will sich der russische Verband - trotz Krieg - für die EM 2028 bewerben. Foto: Alexander Beck

    Mit Humor ist das so eine Sache. Teils sehr speziell und geschmäcklerisch. Teils erschließt sich auch nicht jedem Satire oder Ironie. Schlimmstenfalls wird als Realität vernommen, was ganz und gar nicht als solche gemeint ist. Kann an der Schwäche des Senders liegen, ebenso an mangelnder Auffassungsgabe des Empfängers. Beispiel: Russland bewirbt sich um die Austragung der Fußball-EM 2028 oder 2032. Ja, das Russland, das einen Angriffskrieg in der Ukraine führt und dessen Sportler gerade von sämtlichen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen sind. Ja, das Russland, dessen Soldaten Schwangere und Kinder umbringen, will also Gastgeber für Nationen sein, die mit Waffenlieferungen und Sanktionen auf den Gewaltakt eben dieses Russlands reagieren.

    Stellt sich die Frage, über welche Scherze der russische Fußballverband lacht. Muss irgendwas zwischen Galgenhumor und Realsatire sein. Funktionäre sollen sich gerade diesen Witz erzählen: Treffen sich ein Ukrainer und ein Russe. Sagt der Russe: Ich habe dein Haus zerbombt und deine Verwandten getötet und vertrieben, aber nächste Woche ist Europameisterschaft. Kommst vorbei, oder? Ja, war blöd mit dem Krieg, aber alles nicht so gemeint. Ob Schützengraben oder Fußballfeld – ist doch egal, wo man sich gegenübersteht. Unterschätze niemand die völkerverständigende Wirkung des Sports.

    Präsident Putin wird der Fair-Play-Preis verliehen

    Da die Vergabe erst im September 2023 ist, steckt vielleicht auch Erfolgsdenken dahinter. Sind Lettland, Litauen, Estland und die Ukraine erst eingenommen, steigen die Erfolgsaussichten für das großrussische Nationalreichsteam. Gewaltsam eingenommene Länder und deren Nationalspieler freuen sich wie Bolle, wenn sie endlich wieder mit ihren Peinigern Seite an Seite spielen dürfen.

    Oder ganz anders. Warum nicht die EM als „Europa-feindliche Meisterschaft“. Putin, Präsident des Oligarchen- und Diktatoren-Verbands (kurz: ODV), lädt zu seinem Turnier Mannschaften aus China, Nordkorea, Iran, Zimbabwe und Libyen ein. Auf den regenbogenfarbenen Trikots werben die Spieler für Menschenrechte, Pressefreiheit und Diversität. Putin wird dafür der Fair-Play-Preis verliehen. Und Gastgeber ist Katar unter dem Slogan „Mein Freund ist Gastarbeiter“.

    Was? Dort findet wirklich in diesem Jahr eine WM statt? Es gibt Witze, über die keiner lachen kann.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an. Die Augsburgerin Tanja Hoggan-Kloubert spricht über die Angst um ihre Eltern in der Ukraine – und die überwältigende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung.

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