Karl Marx ist spitze in Deutschland. Nicht in der Politik. Bundeskanzler Olaf Scholz hat nicht in Marx' Hauptwerk "Das Kapital" nachgeschlagen, um die fehlenden Milliarden im Bundeshaushalt zu finden. Auf einem ganz anderen Feld wird gespielt: In der Basketball-Bundesliga grüßt der Philosoph und Ökonom von der Tabellenspitze. Außenseiter Chemnitz sorgt bei den Korbjägern für Furore und liegt in der Tabelle ganz vorn. Dicht gefolgt vom Deutschen Meister Ulm. Über Nacht ist das wohl ungewöhnlichste Maskottchen im deutschen Spitzensport bekannt wie ein bunter Hund. Und läuft den Albatrossen (Berlin) und Salamandern (Ludwigsburg) in der Basketball-Bundesliga den Rang ab – Karli Marx.
Unter den Maskottchen dieser Welt wimmelt es vor Bärchen, Füchsen oder Wölfen. Bisweilen fiel die Wahl eines Glücksbringers zumindest unglücklich aus, wie in Antholz. In dem Südtiroler Hochtal hieß das Maskottchen der Biathlon-WM Bumsi. Der Braunbär löste ein Grinsen bei Fans und Sportlern aus. Die Veranstalter sahen sich genötigt, darauf hinzuweisen, dass der Name ausschließlich vom Geräusch beim Schießen abgeleitet ist: Bum, bum, … Bumsi halt, wie der Südtiroler sagt.
Auf der Suche nach einem Maskottchen kam den Chemnitzern die zündende Idee. Der Begründer des Kommunismus hat zwar nie in seinem Leben (1818–1883) die Stadt besucht. Doch zu DDR-Zeiten hieß Chemnitz zwischen 1953 und 1990 Karl-Marx-Stadt. Bis heute ist der deutsche Philosoph im Stadtbild sehr präsent. Ein sieben Meter hohes Marx-Monument steht im Zentrum in der Brückenstraße, ein riesiger Kopf des Kapitalismuskritikers.
Das Karl-Marx-Maskottchen wurde in den Niederlanden produziert
2016 kamen die Chemnitzer auf Karli Marx. Das Maskottchen wurde von gnadenlosen Kapitalisten in den Niederlanden produziert. Der kommunistische Vordenker bringt den Basketball-Marxisten bisher viel Glück. 2020 stieg die Mannschaft in die Bundesliga auf. Nach neun Siegen in zehn Spielen stürmte Chemnitz an die Tabellenspitze. Die einzige Niederlage kassierte die Mannschaft des argentinischen Trainers Diego Pastore gegen den Deutschen Meister Ratiopharm Ulm. Die Arbeiterklasse der Liga – Chemnitz verfügt über einen eher durchschnittlichen Bundesliga-Etat von 5,5 Millionen Euro – begehrt auf und lehrt dem Großkapital des FC Bayern München und Alba Berlin das Fürchten. Karl Marx würde die Geschichte vermutlich gefallen.