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Glosse: Extremsport in deutschen Wohnzimmern

Glosse

Extremsport in deutschen Wohnzimmern

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    Skispringen vor verschneiter Winterkulisse war gestern. Neue Ideen für den Wintersport müssen her.
    Skispringen vor verschneiter Winterkulisse war gestern. Neue Ideen für den Wintersport müssen her. Foto: Philipp Schmidli, dpa

    So, hätten wir das auch geschafft: Eine Fußball-WM in der Wüstenhitze, während in Deutschland der Eisregen den Gang zum Bäcker in ein Überlebenstraining verwandelte. Ab jetzt soll unser Leben wieder in seinen gewohnten Bahnen verlaufen. Würstel mit Kartoffelsalat an Heiligabend, vielleicht noch eine der raren Gänse in die Röhre schieben und dann kommt die Vierschanzentournee. Erst der Heimauftakt in Oberstdorf. Am Neujahrstag dann einhängen in die Sofa-Nordwand, um das Hüpfen in Garmisch-Partenkirchen zu erfolgen. Die TV-Quote ist den Fernsehsendern so sicher wie den Zuschauern der schwere Kopf. 

    Der Mensch benötigt Rituale, um sich im Alltag zurechtzufinden. Die Welt ist verrückt genug. Doch nun will uns ein gewisser Wolfgang Stöckl den Wintersport wegnehmen. Der Mann ist, wir ahnten es bereits, ein Österreicher. Als Nationaltrainer der norwegischen Springer hatte Stöckl bereits verrückte Vorschläge. Oben an der Sprungschanze stellten die Skandinavier im Sommer ein Rad hin, ein bisschen wie beim Roulette. Sie drehten das Rad, es kam eine Weite heraus und dorthin sollten die Springer fliegen – punktgenau, ein Zielspringen. Wer am nächsten an die Weite herankam, hatte gewonnen. Dann gab es ein Marathon-Springen. Es galt, innerhalb einer bestimmten Zeit die meisten Sprünge zu machen und die möglichst weit.

    So sieht für Stöckl die Zukunft der Ski-Adler aus. Der Mann sprudelt vor weiteren Ideen. Er will einen "Ganzjahresgedanken" hineinbringen. Skispringen soll nicht mehr unter der Rubrik Wintersport, sondern dem Label Extremsport laufen, den man egal wo und egal wie machen kann.

    2029 finden die asiatischen Winterspiele in Saudi-Arabien statt

    Was der Österreicher damit meint, konnte man zu Beginn dieser Saison sehen. Wegen der Fußball-WM sollte der Weltcup früher starten, also landeten die Springer Anfang November in Polen auf Matten statt auf Schnee. Entweder, so Stöckl, nennt man sich weiter Wintersport und stirbt im Winter, weil es den nicht mehr gibt. Oder man nennt sich Extremsport und ist offen für neue Destinationen. Jetzt wird klar, worauf der gefinkelte Ösi hinaus will: Skispringen in Katar. Geiger, Kubacki und Kobayashi hüpfen von Dünen in den Sand. Der Sieger bekommt keinen Goldenen Adler, sondern vom Scheich einen schwarzen "Bischt" umgehängt wie jetzt der Messi. 

    Und 2029, kein Scherz, finden die asiatischen Winterspiele in Saudi-Arabien statt. Vor kurzem hat das asiatische olympische Komitee dem Wüstenstaat am Golf den Zuschlag für die geplanten 47 Wettbewerbe erteilt. Das geschätzt 500 Milliarden Dollar teure Projekt soll in einem Gebirgszug umgesetzt werden. Trojena liegt 50 Kilometer von der Küste entfernt in einer Höhe bis 2600 Metern. Im Winter fallen die Temperaturen zwar zeitweise auf den Gefrierpunkt, die Gegend ist jedoch staubtrocken. Das ist Extremsport – konsequent zu Ende gedacht.

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