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Glosse: Der geklaute Kopf – oder: das kleine Quarantäneglück

Glosse

Der geklaute Kopf – oder: das kleine Quarantäneglück

Wolfgang Schütz
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    Das Maskottchen der Leichtathletik-WM in Eugene: Ein Bigfooot namens Legend.
    Das Maskottchen der Leichtathletik-WM in Eugene: Ein Bigfooot namens Legend. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Da ist etwa der Eklat um einen gestohlenen Kopf, den des Maskottchens der Leichtathletik-WM …

    Aber halt, zunächst muss hier ja mal das stehen: dass es im großen Glück eines milden Corona-Verlaufs auch ein kleines Glück gibt – das des richtigen Zeitpunkts. Was erst mal gar nicht erfüllt scheint, wenn die Symptome mit Urlaubseintritt einsetzen und zur Isolation in der Solowohnung innenperstädtisch backende Hitzetage anheben. Da stellt sich die Frage, womit seine Lebenszeit füllen, die viele gerne mit künstlich zugespitzten Zielgruppensensationen vertreiben, also zum Beispiel vernetflixen oder wegspielkonsolen.

    Zwischen Fußball-EM der Frauen und Tour de France

    Nun aber das kleine Glück, denn güldene Zeiten im (nach dem vom Corona-Kopf blockierten Lesen) zweitbesten Ersatzerleben: Sport glotzen! Bei der Leichtathletik-WM trifft die tägliche Tragödie deutschen Versagens auf strahlendes Glück, Königin Nafissatou Thiam im Siebenkampf. Treten Titanen auf wie Kristjan Ceh am Diskus und Zauberelfchen wie Shelly-Ann Fraser-Pryce im Sprint. Antikes Theater in Vielfalt, wahrhaftig in Glück wie Unglück: Das füllt zeitverschoben die Nächte. Während die Abende von der EM der Fußballerinnen und die Nachmittage von der dritten Woche der Radfahrer auf der Tour de France voll sind. Wo sich zumindest im Vollzeit-Livestream wirklich die Mühen der Strecke erleben lassen. Und sich zeigt, da sie durch Corona und Hitze weniger werden, wer die wahren Helden sind: die „Wasserträger“, die tatsächlich das ganze Rennen tragen. Ist das politisch?

    Eindeutig Wut jedenfalls, wenn Schiedsrichterinnen vor jubelnden Heimstadien kuschen und formidablen Spanierinnen den Sieg gegen rustikale Engländerinnen durch einen unterlassenen Foulpfiff klauen. Beglaubigt noch durch die allein in ihrer Selbstgewissheit unfehlbare Moderatorin Claudia Neumann, die, dieses packende Spiel vor Augen, auch sagt, die Qualität der Fußballerinnen beweise sich darin, dass inzwischen auch die Profi-Männer zuschauten. Ach, Claudia … Aber zum reinen Glück daneben eben, mittags: Hach, Andrea … Petkovic, beim Tennis-Turnier in Hamburg. Liebe! Und volles Mitfühlen, als die dann verzweifelt aufgeben muss. Echt jetzt.

    Wem das übertrieben scheint, der war nicht allein in Quarantäne. Und ach ja, der geklaute Kopf: Ein Fotograf war’s, hat ihn an Leute weitergereicht, die damit Schabernack auf Social Media trieben. Aber schon die Maskottchenkopfübergabe war von Überwachungskameras aufgezeichnet worden … Jetzt sitzt er wieder an der richtigen Stelle, der Kopf.

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